Im Gastkommentar kritisiert Europarechtsexperte Stefan Brocza die Nominierung von Ursula von der Leyen, aber auch, dass Kritik an der Personalie nicht opportun scheint.

Die Nominierung Ursula von der Leyens als EU-Kommissionspräsidentin nach langem politischem Gezerre ist das Ergebnis eines postdemokratischen Politikverständnisses. Weder hat sich die deutsche Verteidigungsministerin der EU-Wahl gestellt, noch war sie EVP-Spitzenkandidatin. Trotzdem spricht Kanzlerin Brigitte Bierlein von einem "historischen Moment". Offensichtlich reicht es heutzutage, Frau zu sein, um als "historisch" zu gelten. Wer dieser Tage solch eine ungehörige Kritik äußert, wird schnell ins antifeministische Eck gestellt. Kritik an einer Frau, gar wenn sie ein politisches Spitzenamt übernimmt, scheint nicht opportun. Dabei gäbe es genügend Argumente gegen die Person.

Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen soll EU-Kommissionspräsidentin werden.
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"Zensur-Ursula" und "Flinten-Uschi"

Von der Leyens Verständnis von Politik wurde im "Spiegel" gerade erst mit "inszenieren, emotionalisieren, die Realität ausblenden" beschrieben. Als Sozialministerin in Niedersachsen hat sie kurzerhand das Landesblindengeld gestrichen und als Familienministerin im Bund von Netzsperren zur Bekämpfung von Kinderpornografie schwadroniert – ohne Rücksicht darauf, ob technisch und rechtlich machbar.

Ihre Tätigkeit im aktuellen Ressort ist von Pleiten, Pech und Pannen begleitet. Mal kritisiert sie den Hersteller des Sturmgewehrs der Bundeswehr und treibt den weltweit nachgefragten Produzenten nahezu in die Insolvenz, dann vergibt sie freihändig Beraterverträge in Millionenhöhe und darf sich dafür vor einem U-Ausschuss verantworten. Nicht gerade schmeichelhafte Spitznamen sind das Ergebnis ihrer Skandale: "Zensur-Ursula" und "Flinten-Uschi".

Politische Flip-Flopperin

Warum jemand, der es nicht einmal schafft, das Schulsegelschiff der deutschen Marine skandalfrei und ohne massive Kostenüberschreitung reparieren zu lassen, die beste Wahl als Chefin der EU-Kommission sein soll, bleibt schleierhaft. Man stelle sich nur die politische Flip-Flopperin vor, wie sie mit glücklichen Händchen über die hunderten Milliarden an EU-Fördergeldern wacht. (Stefan Brocza, 4.7.2019)