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Seit bald einem Jahr gehen weltweit junge Menschen auf die Straße, um für mehr Klimagerechtigkeit zu protestieren.

Foto: Reuters/THILO SCHMUELGEN

Die Klimaproteste, an denen Woche für Woche weltweit hunderttausende junge Menschen teilnehmen, hinterlassen Spuren in der Politik: Nach mehreren Städten und Gemeinden rufen immer mehr Länder den Klimanotstand aus. Österreich schließt sich wohl bald an.

Frage: Was ist ein Klimanotstand?

Antwort: Der Klimanotstand ist ein "politisches Signal an die Bevölkerung, dass alle gemeinsam daran arbeiten müssen, eine Klimakatastrophe abzuwenden", erklärt Johannes Stangl von Fridays for Future (FFF). Laut einem Antrag mehrerer Parteien, der zusammen mit FFF ausgearbeitet und am Mittwoch präsentiert wurde, geht es dabei "nicht um eine juristische Grundlage für Notstandsmaßnahmen", vielmehr stehe ein "Upgrade" der Klima- und Umweltpolitik im Vordergrund. Unter anderem wird eine Nachbesserung des Energie- und Klimaplans gefordert.

Frage: Wird also der Klimanotstand in Österreich ausgerufen?

Antwort: Das steht noch nicht fest. In dem Entschließungsantrag wird die Regierung aufgefordert, den "Climate Emergency" zu erklären. Im Ursprungstext war von einem Klimanotstand die Rede, einigen Abgeordneten war diese Formulierung jedoch zu stark, wie DER STANDARD aus Parlamentskreisen erfuhr. Dort hieß es zum Antrag: "Der geht sicher durch." Abgestimmt werden soll jedenfalls am 25. September – also noch vor der Nationalratswahl. Für FFF ist das Datum "viel zu spät", die Organisation fordert eine Sondersitzung. Das gilt angesichts der Sommerpause im Parlament als unwahrscheinlich.

Frage: Was sagt die Politik dazu?

Antwort: Vor dem Entschließungsantrag konnte man sich mit allen Parteien auf einen Text einigen, heißt es bei FFF: "Es waren sehr konstruktive Gespräche." Dennoch unterstützten letztlich nur ÖVP, SPÖ, Neos und die Liste Jetzt den Antrag, nicht aber die Freiheitlichen. Laut FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch würde ein Klimanotstand "nur Angst erzeugen". Er fordert "konkrete Maßnahmen statt Klimapopulismus". Der Ursprungstext des Antrags war schärfer formuliert, konkrete Zieldaten wurden auf Wunsch mancher Parteien entfernt.

Die Fridays-for-Future-Bewegung will in Österreich den Klimanotstand ausrufen.
Foto: Fridays for Future

Wozu verpflichtet sich die Republik durch einen Klimanotstand?

Antwort: Zu nicht viel, sagt der Verwaltungsrechtsexperte Karl Weber von der Universität Innsbruck. Klimanotstand sei "kein rechtlich relevanter Begriff". Der Jurist hält ihn gar für "ein bisschen ungeschickt". Immerhin würde ein Notstand aus juristischer Sicht bedeuten, dass Grundrechte in irgendeiner Weise suspendiert werden. Auch in Innsbruck wurde bereits der Klimanotstand ausgerufen. Passiert sei dennoch nichts, sagt Weber: "Die Autos fahren nach wie vor, die Klimaanlagen laufen."

Frage: Wäre es sinnvoller, Klimaschutz als Staatsziel zu definieren?

Antwort: In der Vergangenheit wurde wiederholt der Ruf nach Klimaschutz als Staatsziel laut – neben anderen Zielen wie Nachhaltigkeit oder dem umfassenden Umweltschutz. Ein Staatsziel Klimaschutz hätte jedenfalls mehr Gewicht als ein Klimanotstand, sagt Weber: "Es wäre eine Art Bekenntnis, dass Österreich das Ganze ernst nimmt." Unter anderem müssten neue Gesetze nicht nur hinsichtlich ihrer Kosten, sondern auch bezüglich ihrer Auswirkungen auf das Klima bewertet werden.

Frage: Welche Klimaziele muss Österreich eigentlich erreichen?

Antwort: Die Republik hat sich verpflichtet, ihren Treibhausgasausstoß außerhalb des Emissionshandels bis 2030 im Vergleich zu 2005 um 36 Prozent zu reduzieren. Das ist das EU-Mindestziel. Um die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, müsste Österreich nach Ansicht zahlreicher Wissenschafter wesentlich weiter gehen: Bis 2030 müssten Emissionen um 50, bis 2050 um 90 Prozent reduziert werden. Geht es weiter wie bisher, dürfte die Republik an beiden Zielen vorbeischießen. Die Umweltorganisation Greenpeace bereitet daher bereits die erste Klimaklage Österreichs vor, sie soll im Herbst beim Verfassungsgerichtshof eingebracht werden. Ziel sei es, das heimische Recht klimafreundlicher zu gestalten, heißt es seitens der NGO. Greenpeace sieht Grund- und Menschenrechte durch die Klimakrise bedroht. Eine ähnliche Klage war unlängst in den Niederlanden erfolgreich. (Nora Laufer, 5.7.2019)