Wien – Geht es nach Plänen der Agrarbranche in der EU, bekommen Konsumenten, die auf Fleisch verzichten, künftig Bratflecken, Grillquadrate und Veggie-Disks auf den Teller. Wo Wurst draufsteht, muss Fleisch drin sein, fordert die europäische Fleischindustrie seit Jahren – und will vegetarischen Alternativen auch die Begriffe Schnitzel, Burger und Steak verbieten. Diese seien nämlich irreführend.

Dem EU-Parlament liegt bereits seit Monaten ein entsprechender Entschließungsantrag des Agrarunterausschusses vor. Die Umsetzung verzögerte sich aufgrund der EU-Wahlen. Nun wird jedoch das nächste EU-Parlament damit befasst – Hersteller fleischloser Produkte sehen daher Feuer am Dach und kündigen Widerstand an.

Der STANDARD zeigt im Video, wie sich der Pflanzen-Burger im Vergleich mit dem Fleisch-Burger schlägt
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"Politischer Schwachsinn"

Verbraucher greifen sich angesichts dieser Pläne an den Kopf, sagt Andreas Gebhart, Geschäftsführer der Veggiemeat GmbH, die Supermärkte mit 50 Mitarbeitern von Niederösterreich aus mit veganen Lebensmitteln versorgt. Die Fleischbranche fürchte sich offenbar davor, Marktanteile zu verlieren. "Es ist wohl ein Versuch, sich gegen eine Zukunft zu wehren, die man nicht aufhalten kann." Der Bedarf an Proteinen werde in den nächsten Jahrzehnten hierzulande zunehmend ohne Fleisch gedeckt, ist Gebhart überzeugt. Es sei aber politischer Schwachsinn und völlig unüberlegt, vegane Lebensmittel nicht mehr Burger oder Wurst nennen zu dürfen. "Es gibt hier keine Verwechslungsgefahr."

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Fleisch oder nicht Fleisch? Burger aus pflanzlichen Alternativen bekommen in Brüssel auf Druck der Agrarbranche ihr Fett ab.
Foto: AP

Täuschungsbeschwerden seien auch den Konsumentenschützern nicht bekannt, sagt Felix Hnat. Der Chef der Veganen Gesellschaft Österreich startete vor wenigen Tagen eine Petition gegen das Vorhaben, das vor allem die breite Zustimmung der ÖVP genießt. Einen vegetarischen Burger nicht mehr als Burger bezeichnen zu dürfen, widerspricht aus seiner Sicht dem Gewohnheitsrecht und dem Hausverstand. Hersteller innovativer Lebensmittel werfe es zurück. "Das wären sinnlose Mehrkosten, ohne dass es Konsumenten was bringt."

Strengere Regeln bei Milch

Für Milchprodukte gibt es ähnliche Regelungen im Übrigen schon seit einigen Jahren. Butter ist etwa ein ebenso geschützter Begriff wie Milch. Wobei Hnat hier reine Willkür ausmacht – je nach Stärke der Lobby im Hintergrund. Aus Produkten aus Reis und Soja wurden Drinks statt Milch. Der Name Kokosmilch ist der Industrie hingegen nach wie vor erlaubt. Auch bei Sonnenmilch sah die EU keinen Handlungsbedarf.

Fraglich ist, wie es alteingesessenen pflanzlichen Gerichten wie den Gemüselaibchen und Kürbisschnitzeln ergeht, wenn die Agrarpolitik die Liste an verbotenen Namen ausweitet. Zumindest die Erbswurst, eines der ältesten Fertigprodukte überhaupt, ist aus dem Schneider: Knorr stellte ihre Herstellung heuer wegen gesunkener Nachfrage nach 129 Jahren ein.

Form vor Inhalt

Nicht nachvollziehbar sind die Pläne der EU auch für Feinkosterzeuger Hermann Neuburger, der sich neben Fleisch vegetarischen Lebensmitteln verschrieb. Konsumenten seien mündig und könnten sehr gut zwischen einem Burger aus Fleisch und einem ohne unterscheiden, sagt er. "Bezeichnungen wie Laibchen, Würstchen oder Burger beziehen sich auf die Form eines Lebensmittels und auf dessen Zubereitungsart, nicht auf seine Bestandteile." (Verena Kainrath, 5.7.2019)