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Eddy Merckx, nicht nur in Belgien eine Legende.

Foto: REUTERS/Christian Hartmann

Brüssel – Die 106. Tour de France steht im Zeichen des 50-Jahre-Jubiläums des ersten und legendärsten Sieges von Eddy Merckx. In Belgien ist der 74-Jährige ein Volksheld, seine positiven Dopingproben spielen da kaum eine Rolle.

Sie klatschten brav, als Geraint Thomas auf die Bühne kam. Sie applaudierten auch höflich, als Peter Sagan vorgestellt wurde. Aber wirklich laut wurden die 75.000 Zuschauer auf dem Großen Markt im Herzen Brüssels erst, als der Moderator einen ganz besonderen Gast vorstellte. Als "de allergrootste, His Highness" kündigte ihn der Moderator an, und alle wussten, wer gemeint war: Eddy Merckx.

Merckx auf der Bühne.

50 Jahre nach seinem legendären ersten Sieg bei der Tour de France ist der 74-Jährige immer noch ein Volksheld in Belgien. Merckx gewann die Tour noch vier weitere Male – aber die Fasson seines Triumphs 1969 blieb einmalig. Der "Kannibale" holte neben sechs Etappensiegen und dem Gelben Trikot auch die Sprint-, die Berg- und die Kombinationswertung, den Preis für den kämpferischsten Fahrer und mit Faema die Teamwertung. Im Gesamtklassement war der Belgier 18 Minuten voran.

"Es war der Höhepunkt dessen, was im Radsport erreicht wurde", sagte Frankreichs Radsport-Idol Bernard Hinault. Anlässlich dieses Höhepunkts startet nun die heurige "Tour der Leiden" in Brüssel, und so durften die 75.000 vor dem Rathaus "Eddy, Eddy!" rufen.

"Natürlich macht mich das stolz", sagte der Volksheld, "aber manchmal ist es zu viel, die Selfies und Interviews ohne Unterlass." Es sei "schwierig, hier in Belgien Eddy Merckx zu sein". Dabei hat der weitgehend als größter Radsportler aller Zeiten anerkannte Édouard Louis Joseph Baron Merckx wohlgemerkt das Glück, in seiner Heimat ziemlich unkritisch gesehen zu werden.

Doping und Ansporn

1969 wurde er wegen einer positiven Dopingprobe vor der 16. Etappe des Giro d'Italia ausgeschlossen. Der bis dahin Führende beteuerte seine Unschuld, die eigentlich bis zwei Tage nach dem Tour-Start laufende Sperre wurde bald aufgehoben. Der Rest ist Radsportgeschichte: Merckx kehrte in den Worten von L'Équipe als "wütender Champion, der die Tour auf der Suche nach Rehabilitierung unter dem Gewicht seiner Erbitterung zerquetscht", zurück und fraß die Konkurrenz quasi auf. Die Legende war geboren, Merckx' erster Sieg bei der Großen Schleife blieb für immer der Leuchtturm in der Masse seiner 525 Renn- und Etappensiege.

"Als ich 1969 die Tour gewonnen habe, hatte ich Gänsehaut. Und die habe ich hier, 50 Jahre später, wieder", sagte er nun auf der Grand-Place. Die 106. Tour und insbesondere ihr "Grand Départ" ist dem Star gewidmet, positive Dopingproben hin, spätere Enthüllungen mit ähnlicher Schlagseite her.

Dass jemals wieder ein Radfahrer das Gelbe, das Grüne (Sprint) und das Gepunktete (Berg) Trikot in Paris vereint, scheint praktisch ausgeschlossen. In der langen Geschichte des wichtigsten Radrennens der Welt gewann sonst nur Hinault 1979 im selben Jahr die Gesamt- und die Punktewertung. Mit Jan Janssen und Ferdinand Kübler schafften es zwei weitere Fahrer immerhin in unterschiedlichen Jahren. (schau, sid, 6.7.2019)