Kurz nach Ibiza-Gate und dem Bekanntwerden von Heinz-Christian Straches (FPÖ) abenteuerlichen Plänen zum Füllen der blauen Parteikassen nutzte Margit Kraker die Gunst der Stunde: Die sonst eher medienscheue Rechnungshofpräsidentin preschte mit ihrem Fünf-Punkte-Plan für eine transparente Parteienfinanzierung vor. Darin pochte sie auf volle Prüfrechte für ihre Institution hinsichtlich der Finanzen der Parteien – immerhin hatte der Ex-Vizekanzler im Video schwadroniert, wie er Parteispenden am Rechnungshof vorbeischummeln würde.

Wie unabhängig ist der Rechnungshof? Rot und Blau stellten die oberste Prüfinstanz in den schwarzen Winkel. Präsidentin Margit Kraker hat ihre Objektivität mehrfach bewiesen.
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Wenige Wochen später gibt es zwar jetzt ein neues Parteienfinanzierungsgesetz, das eine Spendenobergrenze festlegt – darauf haben sich SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt geeinigt -, aber die geforderten Prüfrechte wurden ausgespart. Experten stellten dem Vorhaben ein vernichtendes Urteil aus.

Angesprochen auf die Kritik, gingen Blau und Rot in die Gegenoffensive und stellten die Unabhängigkeit des Rechnungshofs infrage. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner erklärte im ORF, dass die Prüfer weisungsgebundene Beamte seien. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl sieht im Rechnungshof ein "Hilfsorgan der ÖVP".

Diese Aussagen findet der ehemalige Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler "besonders gefährlich". Sie hätten ihn "unangenehm berührt", sagt er dem STANDARD. Dass dem Rechnungshof die Fähigkeit abgesprochen werde, Prüfungen abzuhalten, empört ihn. Selbstverständlich sei der Rechnungshof unabhängig, das sei in der Verfassung verankert, sonst wäre er eine "Karikatur".

Der Rechnungshof prüft und kontrolliert die ordnungsgemäße und zweckmäßige Verwendung von Steuergeld von Bund, Ländern und Gemeinden über 10.000 Einwohnern, aber auch Unternehmen und Stiftungen, an denen die öffentliche Hand mit mehr als 50 Prozent beteiligt ist. Wer durchleuchtet wird, kann der Rechnungshof bestimmen, von Nationalrat oder Landtagen vorgeschlagen oder von Ministerien – in ihrem Zuständigkeitsbereich – bestellt werden.

Auch die Bürger sind aufgerufen, Vorschläge zu machen. Alle Prüfberichte werden veröffentlicht, diese allgemeine Einsicht ist nicht in allen europäischen Ländern üblich. Rechnungshofprüfer können, im Gegensatz zu Wirtschaftsprüfern, die nur den Jahresabschluss kontrollieren, auch investigativ tätig werden. Dass Kickl den Rechnungshof in ÖVP-Nähe rückt, ist kein Zufall, wurde Kraker doch in der Volkspartei sozialisiert. Kommentieren will sie das nicht.

Freundin klarer Worte

Tatsächlich war Krakers Bestellung nicht unumstritten. Vergeben wird der Posten vom Nationalrat, genauer gesagt vom Hauptausschuss des Parlaments. Im Juni 2016 konnte sich die rot-schwarze Regierung zunächst nicht auf einen Kandidaten verständigen. Um einen schwarz-blauen Pakt zu verhindern, stimmte die SPÖ schließlich doch für Kraker. Die Juristin war zuvor Direktorin des steirischen Landesrechnungshofs und davor Büroleiterin des heutigen Landeshauptmannes Hermann Schützenhöfer (ÖVP) gewesen.

Allerdings: Die 58-Jährige stellte ihr schwarzes Parteibuch bei Amtsantritt ruhend. Spätestens, als die Freundin klarer Worte in ihren seltenen Interviews mit der türkis-blauen "Türschildpolitik" abrechnete, verstummten ihre einstigen Kritiker. Auch ihre konsequente Forderung nach transparenten Parteifinanzen stieß bei ihren alten Parteifreunden nicht auf Wohlwollen. Kraker ist auf zwölf Jahre bestellt, in ihrer dreijährigen Tätigkeit erlebt sie bereits die dritte Regierung. Kanzlerin Brigitte Bierlein spricht sich übrigens auch für umfassende Transparenz bei Parteien aus, und Kraker will weiter nicht lockerlassen. Weiterer Gegenwind ist damit vorprogrammiert. (Marie-Theres Egyed, 6.7.2019)