Eigentlich läuft für die Grünen alles nach Plan. Werner Kogler ist ein überraschend populärer Spitzenkandidat, die Themenkonjunktur spielt der Partei in die Hände. Auch die Wahl der Kandidaten auf der Bundesliste ist von Klugheit geprägt. Es wurde ein interessanter Mix aus Quereinsteigern, Überläufern und arrivierten Persönlichkeiten gefunden, der die grüne Vision gut auf den Punkt bringt. Die ist im Nationalrat als Gegenpol zum völkischen Block auch dringend nötig.

Es spräche also wenig dagegen, dass die Grünen mit wehenden Fahnen wieder in den Nationalrat einziehen und sogar die Zweistelligkeit schaffen. Doch das vergangene Wochenende hat auch gezeigt, wie schnell sich die Grünen in eigentlich unnötige Debatten verrennen.

Kontroverse Themen umschiffen

Da wäre einmal die Aussage der Quereinsteigerin Sibylle Hamann, dass maximale Gleichberechtigung auch bedeute, dass die Wehrpflicht für Frauen gelten muss. Als Journalistin müsste Hamann wissen, wie dankbar Medien für derartige Zitate sind – und wie schlecht das sowohl bei vielen Grünen als auch bei potenziellen Wählerinnen und Wählern ankommt. Dass man derartige Statements vielleicht lieber vermeidet, müsste auch der ehemaligen Salzburger Vizelandeshauptfrau und jetzigen Grünkandidatin Astrid Rössler bekannt sein. Dennoch plädierte sie dafür, dass wegen der Klimakatastrophe "Tanken teurer" werden müsse. Auch das sorgte für entsprechende Reaktionen.

Über beide Positionen kann man leidenschaftlich diskutieren. Das Potenzial, Wählerstimmen zu ergattern, haben sie aber nicht. Nein, man muss nicht wie die deutschen Grünen alle Ecken und Kanten ablegen, um zur "Volkspartei" zu avancieren. Doch gerade angesichts der prekären Lage der Partei wäre es vielleicht angebracht, allzu kontroverse Themen zu umschiffen. Das tat auch Kogler im EU-Wahlkampf – und landete bei beeindruckenden 14 Prozent. (Fabian Schmid, 7.7.2019)