Schriftsteller Michael Köhlmeier – kritisch.

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Michael Köhlmeier (re.) bei der Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus vergangenes Jahr.

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Augsburg – Schriftsteller Michael Köhlmeier zögert mit Wortmeldungen, auch wenn er mit der österreichischen Politik hadert. "Ich fühle mich oft berufen, etwas öffentlich zu sagen, aber wenn du jedes Mal was sagst, dann bist du bald ein Querulant, auch wenn du recht hast", sagte der 69-Jährige der "Augsburger Allgemeinen". "Damit ist man verharmlost. Eine Zwickmühle."

Dabei hätte er, wie das Interview zeigt, viel zu sagen. Zu Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) etwa: "Ich kann ihn schwer einschätzen. Gewiss, er ist machtbewusst, erscheint aber nicht als besonders machtgeil. Er ist besonnen, weicht jeder Frage aus. Er weiß auch nicht viel. Wenn man ihn in Geschichte prüfen würde – es würde einen grausen. Manchmal sehe ich etwas Menschliches in Kurz – aber das ist meistens niederträchtig."

Und weiter: "Er ist so unbeleckt. Wie eine weiße Wand. Wenn man ihn anschaut, könnte man meinen, das Schlimmste in seinem Leben ist, dass ihm der Radiergummi in die Kaffeetasse gefallen ist. Die Parteiwerbung macht ihn fast zu einem Messias." Köhlmeier habe "Angst vor Charismatikern. In der Politik sind mir Leute wie Frau Merkel lieber."

Berühmt gewordene Rede

Köhlmeier beklagt, dass autoritäres Verhalten im Land noch tief verwurzelt sei: "In Umfragen sagen 50 Prozent der Österreicher, sie könnten sich gut vorstellen, dass ein starker Mann das Land führt. Das macht mich hoffnungslos." Zudem habe Österreich die NS-Zeit weniger aufgearbeitet als Deutschland: "Ich glaube nicht, dass Österreicher heute noch naziaffin sind. Ich glaube eher: Vieles interessiert die Leute nicht. Und weil sie es nicht interessiert, wissen sie über die gegenwärtige Struktur der FPÖ nicht Bescheid."

Dennoch will Köhlmeier das Land nicht verlassen: "Nein, ein bisserl was aushalten muss man schon. Auch wenn man frustriert ist. Die Welt geht noch nicht so schnell unter. Aber wenn der Faschismus käme, würde ich mir das überlegen."

Vergangenes Jahr hatte Köhlmeier mit seiner Rede ("Erwarten Sie nicht von mir, dass ich mich dumm stelle") beim Gedenkakt des Parlaments gegen Gewalt und Rassismus die damalige türkis-blaue Regierung kritisiert. Er ist damit nicht der Einzige, auch der Autor Daniel Kehlmann kritisierte deren Politik wiederholt. (APA, red, 8.7.2019)