Am Bergisel hängt, zum Bergisel drängt doch alles im Kunstland Tirol: Mit Peter Assmann übernimmt demnächst ein ausgewiesener Andreas-Hofer-Experte die Geschicke des Ferdinandeums.

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Wer in Tirol ein Museum für moderne Kunst zur Sprache bringt, erntet maximal ein müdes Lächeln. Kulturpolitisch ist das Thema Schnee von vorgestern. Und auch in der Kunstszene gibt es kaum Interesse an einer Wiederbelebung alter Museumsdebatten. Man weiß ja nie, wo so etwas hinführt. Pläne für ein Haus der Kunst wurden jahrzehntelang gewälzt, doch sie verschwanden von der Agenda, als in den Nullerjahren unter dem damaligen Landeshauptmann Herwig van Staa einem zunächst unter dem Titel "Museum der Wehrhaftigkeit Tirols" geführten Projekt der Vorzug gegeben wurde. Geworden ist daraus schließlich das gegen viele Widerstände für rund 25 Millionen Euro errichtete und 2011 eröffnete Tirol-Panorama auf dem Innsbrucker Bergisel, Schauplatz der von Andreas Hofer angeführten Tiroler Freiheitskämpfe von 1809.

Dass ein Kunstmuseum auf der Strecke geblieben sei, bedeute auch einen "eklatanten Wortbruch gegenüber den Kunstschaffenden", sagt der Tiroler Künstler Martin Gostner. Vor größeren Initiativen im Kunstbereich lässt man in Tirol bis heute lieber die Finger. Gostner, Professor an der Kunstakademie Düsseldorf, hat unlängst zwar im Auftrag des Landes ein Konzept für eine Land-Art-Triennale erstellt, doch es verschwand rasch in der Schublade: zu kostenintensiv. Junge Künstlerinnen und Künstler treiben ohnehin andere Fragen um. Leistbare Ateliers etwa sind in Innsbruck, einem der teuersten Wohnpflaster in Österreich, Mangelware.

Szene lebt von Initiativen

Die Kunstszene aber lebt von unterschiedlichen Initiativen. 30 Kilometer östlich von Innsbruck feiert derzeit die Galerie der Stadt Schwaz, die sich als spannender Ort für Gegenwartskunst etabliert hat, ihr 25-Jahr-Jubiläum. Im Kunstraum Innsbruck ist mit Ivana Marjanovic, zuletzt für das Programm der Wienwoche zuständig, gerade eine neue künstlerische Leiterin vorgestellt worden. Die Tiroler Künstlerschaft organisiert an zwei Standorten in Innsbruck Ausstellungen zur Gegenwartskunst. Seit 2013 setzt mit Innsbruck International zudem eine Biennale für zeitgenössische Kunst Akzente.

Auch eine Reihe von privaten Galerien, darunter Thoman, Widauer und Kugler, belebt die Szene. Und mit der Galerie im Taxispalais, kürzlich per Umbenennung zur "Taxispalais Kunsthalle Tirol" aufgewertet, betreibt das Land die mit jährlich 700.000 Euro finanzierte größte institutionelle Plattform für Gegenwartskunst.

"Wir sind gut, weil wir uns gegenseitig ergänzen und nicht, weil wir einen gemeinsamen Brei rühren", sagt Nina Tabassomi über Tirols Kunstlandschaft. Seit 2017 leitet die Berlinerin das Taxispalais und legt viel Wert auf Diskurs. Diskussionsbedarf herrscht auch über die Zukunft der Institution: Der Rechnungshof hat eine Änderung der Betriebsform empfohlen, die Kulturpolitik denkt über eine Eingliederung in die Betriebsgesellschaft der Tiroler Landesmuseen nach.

Angst vor Profilverlust

Tabassomi sieht das kritisch und fürchtet den Verlust des eigenen Profils. Man würde damit auch "die Vielfalt der gut aufgestellten Tiroler Kunst- und Kulturszene gefährden", gab sie dem Rechnungshof zu Protokoll. Diese Ansicht teilt auch die Künstlerschaft. Und der Freundeskreis-Verein des Taxispalais, in dessen Vorstand auch Gostner sitzt, warnte gar von einer drohenden "Auflösung der Institution".

Die für Kultur zuständige VP-Landesrätin Beate Palfrader betont, dass es allein um "Verbesserungen in struktureller Hinsicht", nicht um programmatische Änderungen gehe. Eine Eingliederung könne dem Taxispalais aber auch "eine inhaltliche Erweiterung im zeitgenössischen Angebot von nationaler und internationaler Kunst" ermöglichen, so Palfrader. Also doch inhaltliche Synergien? Tabassomi wünscht sich, dass "die Strukturen eine klare Trennung garantieren und nicht personenabhängig sind". Gespräche soll es im Herbst geben.

Wenn in Innsbruck heute noch von einem Haus der Kunst die Rede ist, ist im Übrigen das Ferdinandeum, Haupthaus der Landesmuseen, gemeint. Neben seinen kunstgeschichtlichen Sammlungen verwaltet es auch die Kunstankäufe des Landes, die mangels Platz für Ausstellungen ein Dasein im Depot fristen. Am 1. November tritt Peter Assmann als neuer Chef der Landesmuseen an und will im Ferdinandeum auch dem Wunsch des Landes gemäß wieder Kunst ins Zentrum rücken. In Mantua, wo er derzeit den Palazzo Ducale leitete, war er zuletzt auch an den Planungen für ein Andreas-Hofer-Museum beteiligt. (Ivona Jelčić, 9.7.2019)