Ein Propagandaplakat an einer Hauswand in Teheran erinnert in der Sicht der iranischen Regierung daran, worum es geht. Der Herr im Vordergrund hat mit alledem nichts zu tun.

Foto: APA / AFP / Atta Kenare

Es ist eine Mischung aus gezielter Provokation und Beruhigung, auf die der Iran in der aktuellen Konfrontation hinsichtlich seines Atomprogramms setzt: Nach der Verlautbarung vom Sonntag, dass man sich nicht mehr an das im Atomdeal vereinbarte Limit von 3,67 Prozent für angereichertes Uran halten wolle, folgte am Montag die Präzisierung. Und die deutet darauf hin, dass der Iran Raum für Verhandlungen, aber auch für weitere Verschärfungen seines Kurses offen halten will. 4,5 Prozent ist das neue Limit, das die Islamische Republik sich vorerst selbst setzen will. Mehr sei für den Betrieb der eigenen Atomreaktoren nicht nötig, begründete dies der Sprecher der iranischen Atomorganisation Behrouz Kamalvandi vor Journalisten.

Tatsächlich bietet der Wert aber auch jenen Partnern, die formell weiter am Atomdeal mit dem Iran festhalten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, China, Russland), die Möglichkeit, im Gespräch über eine Rettung des Deals zu bleiben: Der Wert überschreitet die bisherigen Limits nicht weit, bis zum Bau einer Atombombe müsste noch immer einiges geschehen, und einige Zeit müsste vergehen.

Nichts trägt

Freilich bedeutet das nicht, dass Teheran es dabei belassen will. In 60 Tagen, so Kamalvandi, werde man weitere Schritte setzen, wenn bis dahin keine tragfähige Vereinbarung gefunden wird, wie das Abkommen nach dem Ausstieg der USA im vergangenen Jahr gerettet werden könne. Dann könnte der Iran auch in Richtung von 20 Prozent anreichern. Das ist ein Wert, der immer noch deutlich unter den 90 Prozent liegt, die für Atombomben nötig sind, der den zeitlichen Weg zu einem höheren Anreicherungsgrad zugleich aber stark verkürzen würde.

Vor allem die Europäer hatten sich ja schon bisher um einen Mechanismus bemüht, mit dem europäische Firmen weiterhin mit dem Iran Handel treiben können. Die bisherigen Schritte – ein Mechanismus namens Instex, der im Wesentlichen eine ausgeklügelte Form von Tauschhandel ermöglichen soll – gehen Teheran aber zu wenig weit. Die aktuelle Phase hat auch zum Ziel, in dieser Frage den Druck auf Europa auszubauen.

"Besser vorsichtig"

Der aktuell angekündigte Wert von 4,5 Prozent bietet den USA zwar Gelegenheit für neue Drohungen, aber wohl kaum einen Kriegsgrund. Dennoch haben Außenminister Mike Pompeo und Präsident Donald Trump in der Nacht auf Montag bereit scharf auf die Schritte Teherans reagiert. Pompeo schrieb auf Twitter, das Verhalten des Iran werde "zu noch größerer Isolation und Sanktionen führen". Trump wiederholte vor Anhängern in Morristown, New Jersey, was er zur Sache schon mehrfach angemerkt hat: Der Iran solle "besser vorsichtig sein".

Es sind allerdings nicht nur die USA, die ja schon 2018 aus dem Abkommen ausgestiegen sind, die Kritik am Iran üben. Auch die EU hatte schon am Wochenende mitgeteilt, der Iran solle "alle Aktivitäten stoppen und rückgängig machen", die im Widerspruch zum Atomdeal stehen. Fast wortgleich sagte das eine Sprecherin der Außenbeauftragten Federica Mogherini Montag noch einmal.

Besorgt über die Anreicherungsschritte des Iran zeigte sich am Montag schließlich auch Russland. Allerdings hielt Kreml-Sprecher Dmitri Peskow auch fest, dass man die USA mehrfach vor einem Ausstieg aus dem Atomdeal gewarnt habe – was man nun sehe, sei die Folge dieses Schritts. Moskau selbst werde den Deal jedenfalls weiterhin einhalten. (Manuel Escher, 8.7.2019)