Etappensieg der französischen Bauern. Auch sie haben mit ihrem Widerstand dazu beigetragen, dass Präsident Macron das Mercosur-Abkommen nicht mehr so super findet.

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Beim G20-Gipfel Ende Juni in Japan feierte Emmanuel Macron noch mit seinen Berufskollegen den Abschluss des Freihandelsabkommens zwischen Europa und Südamerika. Es sei "ein guter Vertrag", der die Standpunkte Frankreichs berücksichtige.

Nach 20 Jahren intensiver Verhandlungen war die EU-Kommission mit Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay einig in wichtigen Sektoren wie Rindfleisch, Zucker und Geflügel. Betroffen sind 770 Millionen Einwohner und Konsumenten.

Jetzt legt sich die Staatsführung in Paris aber quer. "Frankreich ist derzeit nicht bereit, das Abkommen zu ratifizieren", stellte die Regierungssprecherin Sibeth Ndiaye klar. Diese unüblich deutliche Reaktion deutet an, dass Macron gewillt ist, die in mehreren EU-Ländern, darunter auch Österreich, hörbare Kritik an dem Abkommen anzuführen.

Unter Druck

Der französische Präsident ist an sich ein Anhänger des Freihandels. Er grenzt sich damit nach eigenen Worten von den Populisten ab, die Zollbarrieren errichten und andere protektionistische Maßnahmen ergreifen wollen. Doch nun gerät er keineswegs von "nationalistischer" Seite unter – starken – Druck.

Namentlich die Grünen halten Macron vor, er mache mit dem umstrittenen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro gemeinsame Sache und nehme hin, dass Brasilien den Regenwald im Amazonas-Gebiet nicht zuletzt aus agrarpolitischen Interessen weiter abholze. Die Partei Europe Écologie Les Verts (EELV), die in Frankreich seit den Europawahlen als kommende Kraft gilt, wies unter Berufung auf die Zeitung O Globo darauf hin, dass die Abholzung des Amazonas-Waldes im Juni gegenüber dem Vormonat um 60 Prozent zugenommen habe. Die Sozialisten und andere Linksparteien kündigen bereits eine "massive Mobilisierung" gegen das bikontinentale Handelsabkommen an. Widerstand dagegen kommt auch vom französischen Bauernverband FNSEA. Dessen Vorsteherin Christiane Lambert erklärte, die Übereinkunft würde die europäischen Landwirte einer "unlauteren Konkurrenz" aussetzen, da die sozial-, lohn- und umweltpolitischen Unterschiede gewaltig seien. Das Abkommen sei deshalb "inakzeptabel".

Nicht in Frankreichs Interesse

Davor hatte sich die konservative und wirtschaftsfreundliche Partei der Republikaner gegen die Ratifizierung ausgesprochen. Das Abkommen sei "nicht im nationalen Interesse", meinten 50 nationale und europäische Abgeordnete in einem offenen Brief. "Wie lässt es sich rechtfertigen, den französischen Züchtern mehr Normen aufzuerlegen und zugleich die Tore für Agrarprodukte zu öffnen, die diese Normen nicht respektieren?", fragen die Unterzeichner. Sie fordern eine "ökologische Barriere an den Grenzen Europas", um die EU-UmweltStandards zu schützen.

Für Macron ist der politische Schulterschluss gegen den Mercosur-Vertrag gefährlich. Auch gegen die geplante Privatisierung der Pariser Flughäfen bildet sich momentan eine breite Front. Im Élysée-Palast befürchtet man eine Isolierung der Macron-Partei La République en Marche bei den Kommunalwahlen 2020.

EU kompromissbereit

Wohl deshalb geht Macron auf Distanz zu dem Abkommen mit Südamerika. Sprecherin Ndiaye verlangt, dass die Möglichkeit eines "außergewöhnlichen Importstopps" für Zuckerrüben und Rinderzucht in das Abkommen aufgenommen werden. Das liefe auf nichts anderes als eine Neuverhandlung hinaus. Umweltminister François de Rugy meinte ebenfalls, Frankreich werde den Text "zerpflücken". Wenn Brasilien seinen Verpflichtungen im Amazonas-Gebiet nicht nachkomme, werde sein Land das Abkommen nicht ratifizieren.

Eine Unterschrift bis zu den Kommunalwahlen im Frühling 2020 sei, darüber sind sich Kommentatoren einig, nun sehr, sehr unwahrscheinlich. Die EU-Kommission scheint zu Nachbesserungen bereit. (Stefan Brändle aus Paris, 8.7.2019)