Eine Parkplatzwächterin in neuer Uniform registriert elektronisch die Ankunft und sendet das an den Zentralcomputer weiter.

Foto: Erling

Parkplatzwächter tragen neben ihrem Dienstausweis auch ein orangefarbenes Hinweisschild: "Ich kassiere keine Parkgebühren."

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Flyer mit aufgedrucktem QR-Code, um die App der Verkehrsbehörde im Pekinger Stadtteil Chaoyang herunterzuladen.

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Parkplatzwächter Gao trägt seinen grünen Dienstausweis sichtbar um den Hals. An seinem Hemd hat er eine orangefarbene Plastikkarte stecken. Darauf steht: "Ich kassiere keine Gebühren." Seit 1. Juli darf Herr Gao, der für die Verkehrsbehörde des Pekinger Stadtteils Chaoyang arbeitet, von Autofahrern kein Geld mehr fürs Parken verlangen. Stattdessen überwacht und hilft er ihnen, in die Parklücke einzufahren, registriert ihre Ankunftszeit und meldet ihre Abfahrt elektronisch an den Zentralcomputer seiner Behörde.

Als ich parke, steckt Gao mir ein Merkblatt unter den Scheibenwischer mit aufgedrucktem QR-Code. Auf diesem Weg soll ich die neue Verkehrs-App herunterladen: "Ab 1. Juli wird die Parkgebühr nur noch über diese App abgerechnet."

Chaoyang ist einer der sieben von insgesamt 16 Stadtbezirken in Peking, in denen seit 1. Juli alle parkenden Fahrzeuge über den Zentralcomputer erfasst werden. Zwei Außenbezirke testen das neue System schon seit Jänner, alle anderen Stadtteile sollen bis Ende des Jahres folgen. Die Hauptstadt prescht bei der Digitalisierung des Parkplatzmanagements für die 6,2 Millionen registrierten Wagen voran.

Hohe Hürde für Ausländer

Ausländer ohne Chinesischkenntnisse haben das Nachsehen. Für sie ist das Herunterladen der App ein Ding der Unmöglichkeit. Selbst Sprachkundige brauchen eine halbe Stunde, um sie zu aktivieren. Big Brother will alles wissen – und nicht nur Daten zur Person des Fahrers.

Zur Aktivierung der App muss der Kfz-Schein per Handy eingescannt, die Motorennummer eingetragen, die gewünschte bargeldlose Zahlungsweise (Ali-Pay oder Wechat-Pay) für die vom Computer errechnete Parkgebühr angegeben und knifflige Fragen beantwortet werden: Welche Farbe hat das Nummernschild? Das hilft der smarten Software zu unterscheiden, ob sie es mit einem Diplomaten-, Dienst-, Militär-, Privatfahrzeug oder mit einem Elektromobil zu tun hat. Dessen Schild ist natürlich grün.

Immerhin – die Digitalisierung hat auch ihr Gutes. Frühere hässliche Szenen werden sich nicht mehr wiederholen, bei denen sich ein vom Einkaufen zurückgekehrter Autofahrer und der Parkplatzwächter anschrien und zu verprügeln drohten. Heerscharen in Fantasieuniformen gekleideter Parkwächter lauerten parkenden Pkw-Besitzern auf, als wären sie moderne Raubritter.

Gierige Parkwächter

Zwar hatte die Pekinger Stadtverwaltung Gebührentafeln aufgestellt, nach denen Parken in der ersten Stunde zehn Yuan (1,50 Euro) und in der zweiten Stunde weitere 15 Yuan kostet. Gierige Parkwächter rundeten die anfallenden Beträge jedoch nach Belieben auf. Viele wirtschafteten dabei in die eigene Tasche, gaben nicht einmal eine Quittung heraus. Um den Missbrauch einzudämmen, führten die Behörden Parkscheine mit QR-Codes ein, die nur bargeldlos über Handy bezahlt werden konnten.

Es war die Vorstufe zur jetzigen App. Ihre Einführung reduziert die Zahl der Parkplatzwächter radikal. Diese dürfen fortan nur noch Service leisten, aber nicht mehr kassieren. Ihre Tage sind ohnehin gezählt. Seit Monaten werden in Peking hunderte Straßen mit hochauflösenden und smarten Kamerasystemen ausgerüstet. Diese sind vernetzt und technisch in der Lage, über Funksäulen und Sensoren alle ankommenden, abfahrenden und am Straßenrand parkenden Fahrzeuge automatisch zu registrieren. Sie fotografieren und identifizieren selbst bei widrigem Wetter und Lichtverhältnissen Fahrer und Nummernschild.

Von der Überwachungskamera erfasst

4.286 solche Hightechkameras waren bis Anfang Mai allein im Pekinger Bezirk Haidian installiert, meldete die Webseite von "Global Times". Die Pekinger Jugendzeitung erzählte vom Herrn Shi, einem Pechvogel. Der ging auf Reisen und parkte seinen Wagen vom 4. Mai bis 5. Juni an einer Stelle, wo nie ein Parkplatzwächter hinkam. Doch Kameras überwachten ihn. Über die neue App erfuhr Herr Shi, dass er der Stadt Peking 4907.75 Yuan (635 Euro) Parkgebühr schuldet.

Mit dem zukünftigen Mobilfunkstandard 5G will Peking sein Parkmanagement noch schneller und smarter machen. Die Hauptstadt beschloss im Jänner, von 2019 bis 2022 überall 5G einzuführen, auch für das digitale Management ihrer Parkplatznot. Autofahrer werden über ihre App erfahren können, wo sie den nächsten freien Parkplatz finden – und sich dorthin dirigieren lassen. Parkplatzwächtern werden sie nicht mehr begegnen. Dank der intelligenten und vernetzten Überwachung werden die Behörden immer wissen, wo welches Auto gerade parkt. Der Bürger wird für sie noch gläserner. (Johnny Erling aus Peking, 10.7.2019)