1922 fertigte die Staatsdruckerei das Kinderbuch "Die neue Arche" mit 30 Tierbildern nach "photographischen Naturaufnahmen".

Foto: Photoinstitut Bonartes

Im 19. Jahrhundert galt das Prädikat "nach Fotografie" als ein echter Verkaufsschlager. Denn es bedeutete, dass die Motive der Druckgrafiken, welche Bücher damals behelfsweise bebilderten, einen faktischen Ursprung hatten. Sie waren nicht frei erfunden. Die ersehnten Fotos gleich selbst zu drucken, war damals und noch lange Zeit nicht möglich.

In der Albertina erzählt die Ausstellung Foto. Buch. Kunst die faszinierende Geschichte der Fortschritte und Umwege, wie die Fotografie ab 1840 ins Buch kam.

Man behalf sich neben Lithografien und Autotypien etwa, indem man Fotos separat entwickelte und in vorgedruckte Bücher einklebte. Eines dieser frühesten Projekte der Monarchie dokumentiert die Rüstungen aus Schloss Ambras. Aber diese Herstellungsweise war nicht nur teuer, sondern zudem langwieriger als gedacht. Das Herstellen eines einzelnen Abzugs konnte bis zu 45 Minuten dauern. Bei 400 Bänden mit jeweils 128 Abbildungen bedeutete das 51.200 zu entwickelnde Fotos. Tatsächlich zerdehnte sich so die Fertigstellung auf zehn Jahre. Damit hatte wohl keiner gerechnet.

Nachträglich Kastriert

300 Beispiele illustrieren in der Albertina die Probleme sowie Möglichkeiten mit dem neuen Medium. Skepsis der Kunden mit verschiedenen Grafiken war jedenfalls berechtigt. Auf Lithografien archäologischer Fotos ließen Herausgeber störende Details wie herumstehende Fahrräder wegretuschieren. Das mag Sinn machen, fotografierte Massaimänner büßten bei der Übertragung in eine Heliogravüre allerdings ihr nacktes Geschlechtsteil ein.

Nicht aus moralischen Bedenken lehnte hingegen die Wissenschaft die neue Technik ab: Sie liefere nicht genügend detaillierte Bilder und stelle Schmetterlinge zu fahl dar, bemängelten Forscher. Zugleich erlaubten Fotos tiefer ins All zu blicken denn je.

Zeitreise mit Medienkunde

Quälend an ausgestellten Büchern ist, dass man nicht darin blättern kann. Das Allermeiste sieht man nicht. Es geht in dieser Schau aber mindestens genauso sehr um die Erzählungen hinter Objekten, wie um diese selbst. Die Geschichte der Verbreitung von Fotografie in Büchern ist eine von Entdeckergeist und Zensur, eine zwischen dem Wunsch nach Authentizität und Inszenierung.

Aber auch eine von Prestige. Während die Monarchie in den letzten Zügen 1916 Österreich-Ungarn in Waffen als so prächtigen wie schwerfälligen Tafelband herausgab, um "aus dem Antlitz des Krieges" lesen zu lassen, publizierte die Reporterin Alice Schalek bereits kleine Broschüren mit Frontberichten. Billig und schnell wurden sie die Zukunft. Das wird hier bis zur Reiseerinnerung des Hobbyfotografen – beliebt mit Menschenfresser – toll erzählt. (Michael Wurmitzer, 9.7.2019)