Gegenstand von Hasspostings ist vor allem die Flüchtlingsthematik.

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Sie tippen wilde Beleidigungen und Beschimpfungen ins Netz. Drohen mit dem Tod, wünschen anderen Vergewaltigungen, diskreditieren. Hassposter verunmöglichen Diskussionen in Foren und sozialen Medien. Ihre Opfer kapseln sich oft von der Debatte ab und überlassen der Hetze das Feld. Aber wer sind die Leute, die solche Dinge posten?

Männer zwischen 40 und 60

Den Hassposter schlechthin gibt es nicht. Aber es gibt Tendenzen. Beim Verein Neustart, der Tätern bei der Resozialisierung hilft und sich zunehmend auch mit Hasspostern beschäftigt, hat man es zum Großteil mit Männern zwischen 40 und 60 Jahren zu tun. Das zeigen die bisherigen Erfahrungen von "Dialog statt Hass", das 2018 als Modellprojekt begonnen hat. Verurteilte Hassposter sollen dabei lernen, wie sie ihre Meinung im Netz ausdrücken können, ohne andere abzuwerten oder sich damit strafbar zu machen.

Dass die Postings eher von Männern kommen, sieht auch Anwältin Maria Windhager, die auch den STANDARD in medienrechtlichen Fragen vertritt. "Hass im Netz bildet das gesellschaftliche Klima ab. Daher findet man hier auch viel Rassismus und Sexismus", erklärt sie dem STANDARD. Aber: "Sexismus oder Vergewaltigungswünsche kommen aber auch von Frauen gegen Frauen." Beispielsweise im Fall von Lena Jäger, der Leiterin des Frauenvolksbegehrens. Sie klagt gegen eine Frau, die ihr Vergewaltigungen durch Flüchtlinge gewünscht hat.

Gegenstand der Hasspostings sind laut Neustart vor allem Flüchtlinge und Migranten. "Hass im Netz ist sehr stark von rechter Seite geprägt", sagt auch Windhager. Das ist nicht nur in Österreich zu beobachten, sondern auch in Deutschland der Fall. In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" Anfang Juli sagte Christoph Hebbecker von der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen: "Wir stellen fest, dass Hetze ganz überwiegend dem rechten Spektrum zuzuordnen ist. Das beherrschende Thema ist schon seit Jahren die Flüchtlingskrise und die Folgen."

Aber nicht nur. Windhager kennt auch andere Seiten. "Es gibt auch Randgruppen, die sehr auffällig sind. Dazu gehören zum Beispiel sehr radikale Tierschützer, die sich aufgrund ihrer Ideologie offenbar berechtigt fühlen, sehr persönliche Angriffe zu erheben", so die Juristin. Gemeint sind damit jedoch nicht "die berechtigten Anliegen und das Engagement von Tierschutzorganisationen", sondern einzelne Personen, hält Windhager fest.

Rechte oft nicht einsichtig

Personen mit stark ideologischem und parteipolitischem Hintergrund seien generell am schwersten zugänglich. Windhager: "Ansonsten gibt es nämlich eher ein Einsehen, dass eine rote Linie überschritten wurde. Dann gibt es auch öfters außergerichtliche Einigungen. Im rechten Spektrum ist man oft nicht dazu bereit und zieht lieber vor Gericht. Von dieser Seite kommt nach Verurteilungen oft der Vorwurf der Gesinnungsjustiz." Bei Neustart hat man allerdings gute Erfahrungen gemacht. 91 Prozent der Personen, die im Rahmen des Modellprojekts betreut wurden, hätten danach Einsicht gezeigt.

Den meisten Hasspostern gemein ist, dass sie unter Klarnamen posten. Das bestätigen Neustart sowie der Verein Zara, der die offizielle Hassposting-Meldestelle betreibt. Eine Klarnamenpflicht beziehungsweise ein digitaler Ausweiszwang, wie im Bundesgesetz über Sorgfalt und Verantwortung im Netz vorgeschrieben, wäre daher ineffektiv. Stattdessen will man verstärkt auf Prävention und Aufklärung setzen. Der Verein Neustart bietet das Interventionsprogramm "Dialog statt Hass" daher seit Juli in ganz Österreich an. (Birgit Riegler, 9.7.2019)