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Becker ist entspannt und doch nicht locker.

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Die Trophäe soll Geld einbringen.

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Schon schick.

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London – Während die Gebote für seine Trophäen und Erinnerungsstücke in die Höhe schnellten, schlenderte Boris Becker entspannt durch sein Wohnzimmer. Im dunkelblauen Anzug und offensichtlich gut gelaunt zeigte Deutschlands größter Tennisheld einem Kamerateam die Anlage des All England Club im Londoner Ortsteil Wimbledon. Hier ist Becker zu Hause, hier findet er Ruhe, ganz gleich, wie sehr der Sturm des Lebens um ihn tobt.

Am Dienstag jährte sich Beckers dritter und letzter Wimbledonsieg zum 30. Mal, eigentlich eine Gelegenheit, um in der Vergangenheit zu schwelgen. Doch diese kommt derzeit unter den Hammer, eine Autostunde entfernt von den heiligen Rasenplätzen im Südwesten der Millionenmetropole. Das Auktionshaus Wyles Hardy & Co versteigert noch bis Donnerstag 82 Artikel aus Beckers Sammlung, darunter auch eine Replik des Challenge Cup, den Becker für seine Erfolge 1985, 1986 und 1989 erhalten hatte.

Unter dem Hammer

5000 britische Pfund betrug am Dienstagnachmittag das Gebot für dieses wertvolle Erinnerungsstück, sogar jeweils 18.000 Pfund wert waren die beiden Renshaw-Trophäen, die Becker für seine Titel in Wimbledon zusätzlich bekam. "Bei dieser Versteigerung geht es nur darum, mir persönlich wehzutun, weil ich natürlich emotional an den Trophäen hänge", sagte Becker der Bild am Sonntag. Sein Insolvenzverwalter Mark Ford sieht das natürlich anders. Er will möglichst viel Geld erzielen, um Beckers Gläubiger zu bezahlen.

Ein Konkursgericht in London hatte den sechsmaligen Grand-Slam-Champion im Juni 2017 wegen unbeglichener Schulden für zahlungsunfähig erklärt. Die Online-Versteigerung der Pokale, Uhren, Bilder oder Medaillen sollte bereits vor einem Jahr stattfinden, wurde jedoch gestoppt.

Diplomat?

Becker hatte zunächst erklärt, als Sport-Attache der Vertretung der Zentralafrikanischen Republik bei der EU in Brüssel diplomatische Immunität zu genießen. Das Außenministerium des afrikanischen Staates widersprach jedoch. Im Dezember 2018 kündigte Becker an, er mache nicht länger einen Diplomatenstatus geltend und machte den Weg für die Zwangsversteigerung frei.

Insolvenzverwalter Ford ist derweil noch auf der Suche nach weiteren Pokalen. "Es gibt noch ein paar da draußen", sagte er, "unter anderem zwei von den Australian Open und vier oder fünf von herausragenden Erfolgen aus Wimbledon". Die Zusammenarbeit mit Becker sei besser geworden, bestätigte Ford, der hofft, die Insolvenz in den kommenden sechs bis neun Monaten abschließen zu können.

Das Geld aus der Auktion könnte zumindest dazu beitragen, einen kleinen Teil der millionenschweren Schulden zu begleichen. Jedes Pfund zählt, auch die 800, die für ein Paar von Beckers Tennisschuhen geboten wurden. Oder die 4500 Pfund, die der Bambi bringen könnte, den Becker 1985 nach seinem ersten Wimbledonsieg als Mann des Jahres verliehen bekommen hatte. Ein Jahr, an das sich Becker ewig erinnern wird – auch ohne die dazugehörigen Trophäen. (sid, 9.7.2019)