Mit Messflügen während des asiatischen Monsuns, Satellitenbeobachtungen und Laboranalysen konnten Forscher das Rätsel um die Zusammensetzung der Asiatischen Tropopausen Aerosolschicht lösen.

Foto: Erik Kretschmer

Über Teilen Asiens und dem Mittleren Osten liegt in einer Höhe von zwölf bis 18 Kilometern eine markante Ansammlung von Aerosolen. Die sogenannte Asiatische Tropopausen-Aerosolschicht (ATAL) wurde erstmals 2011 während der Monsunsaison beobachtet. Wie sie sich zusammensetzt und welche Auswirkungen sie hat, war bisher ein Rätsel. Nun hat ein internationales Forscherteam erste Antworten gefunden: Offenbar besteht diese Schicht aus kristallinem Ammoniumnitrat, das seinen Ursprung vor allem in der Landwirtschaft hat.

Aerosole sind kleinste Schwebeteilchen aus vielfältigen natürlichen und vom Menschen verursachten Quellen. In der Atmosphäre dienen sie als Kondensationskerne, an die sich gasförmiger Wasserdampf anlagert und dadurch Wolkentröpfchen bildet. Die Wissenschafter haben mit einer hoch spezialisierten Kombination aus Fernerkundungsmessungen, in-situ-Messungen, meteorologischen Modellrechnungen, dezidierten Labormessungen und detaillierten numerischen Simulationen die Verteilung und Zusammensetzung der Aerosole in der ATAL untersucht. Das Team konnte dabei erstmals ein Forschungsflugzeug in die oberen Stockwerke des asiatischen Monsuns bringen und dort Schlüsselprozesse von globaler Bedeutung erforschen. Die verschiedenen Methoden und Instrumente ergänzten sich so, dass sie die Messwerte gegenseitig bestätigen konnten.

Unerwarteter Fund

"Überraschenderweise konnten wir in weiten Teilen der ATAL kristallines Ammoniumnitrat als Hauptbestandteil nachweisen", erklärt Michael Höpfner vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Spurengase und Fernerkundung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Die unerwarteten Ergebnisse, die unter anderem das Messinstrument GLORIA des KIT und des Forschungszentrums Jülich lieferte, konnten die Klimaforscher in der "Wolkenkammer" AIDA am KIT bestätigen.

"Unsere Experimente zeigten, dass, entgegen der allgemeinen Lehrmeinung, flüssige Ammoniumnitrat-Tröpfchen bei kleinen, hauptsächlich schwefelhaltigen Verunreinigungen und minus 50 Grad zu festen Teilchen kristallisieren, die auch bei den Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsbedingungen der oberen Troposphäre bestehen bleiben", so Robert Wagner vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Aerosolforschung des KIT. Mit Satellitenbeobachtungen konnten die Forscher tatsächlich große Mengen Ammoniumnitrat-Aerosole über Asien zurück bis ins Jahr 1997 nachweisen – ein Jahr, in dem die ATAL als noch nicht existent galt.

"Damit haben wir das langjährige Rätsel über die Zusammensetzung der ATAL gelöst", sagt Höpfner. Denn bisher galt es als unwahrscheinlich, dass dieses Aerosol in solch großen Höhen vorkommt, da Regen das Vorläufergas Ammoniak sehr schnell aus der Atmosphäre wäscht. "Jedoch konnten wir beispiellose Ammoniak-Konzentrationen während des asiatischen Monsuns feststellen: Die Werte sind bis zu 50 Mal höher als in zurückliegenden Messungen", so Höpfner.

Landwirtschaft als Quelle

Seinen Ursprung hat dieses Ammoniak vor allem in der Landwirtschaft, besonders bei der Viehhaltung und der Düngemittelanwendung. In Asien sind heute die höchsten Ammoniak-Emissionen festzustellen. Während des Monsuns werden die verschmutzen Luftmassen von der Landoberfläche in Höhen bis zu 18 Kilometer transportiert. Hier reagiert Ammoniak zu Ammoniumnitrat, einem Aerosol, das sowohl die Bildung als auch die Eigenschaften von Wolken beeinflusst.

"Unsere Daten beweisen zum ersten Mal, dass Ammoniumnitrat-Aerosole in der oberen Troposphäre während des asiatischen Monsuns allgegenwärtig sind", sagt Höpfner. Diese Ergebnisse sind vor allem für die Wechselwirkungen von Wolken und Aerosolen wichtig, eine der größten Unsicherheiten in der Klimamodellierung. Zudem belegen sie, dass das am Boden emittierte Ammoniak großen Einfluss auf die Prozesse in der oberen Troposphäre – und möglicherweise das asiatische Klima – hat. (red, 10.7.2019)