Rund 600 Euro gaben die beiden Kinder für Spielerkarten in "Fifa" aus.

Foto: EA

Lootboxen als Finanzierungswerkzeug stehen seit Jahren in der Kritik. Immer wieder wird der Verkauf von virtuellen Paketen mit vorab nicht genau definierten Ingame-Inhalten mit klassischem Glücksspiel verglichen. Insbesondere für jüngeres Publikum sollen solche Mechanismen problematisch, weil schwer durchschaubar sein.

Ein weiteres Beispiel für diese Problematik liefert nun ein Vater aus Großbritannien. "Die Kinder haben beim Fifa-spielen unser Konto geplündert", beklagt Thomas Carter gegenüber der BBC. Die Misere hat er allerdings zum Teil auch selbst verschuldet.

Sprösslinge gingen auf Shoppingtour

Seine beiden Sprösslinge, die beide unter zehn Jahre alt sind, spielen gerne die Fußballsimulation von Electronic Arts auf der Nintendo Switch. Dort treten sie auch online gegen andere Spieler an. Als kleines Geschenk kaufte ihr Vater ihnen ein Kartenpack für acht britische Pfund (aktuell rund neun Euro). Diese Packs enthalten zufällig ausgewählte Spieler und andere Elemente, mit denen sich unter anderem das eigene Team verbessern lässt.

Allerdings wurde er von seinen Kindern beim Kauf beobachtet. Nachdem sie gelernt hatten, wie man sich im Ingame-Shop von "Fifa" bedient, gingen die beiden jungen Gamer in den folgenden Wochen auf Einkaufstour. Letztlich sollen sie insgesamt etwa 550 Pfund (etwa 610 Euro) ausgegeben haben. Von den Eltern blieb der Einkaufsmarathon unbemerkt – bis eines Tages beim Bezahlen eines Einkaufs ihre Karte abgelehnt wurde, weil der Kontorahmen überzogen war.

Die Chancen, Messi oder einen vergleichbaren Spieler zu erhalten, sind verschwindend gering.
Foto: Fifa 19

600 Euro und kein Lionel Messi

Carter gesteht dabei aber auch eigene Fehler ein. Die Kinder hatten nicht mit einem separaten Konto gespielt, sondern waren mit dem Familienaccount auf der Switch eingeloggt. Zudem hatte er auch keinen Pin zur Bestätigung von Echtgeldtransaktionen eingerichtet. Die Bestätigungsmails landeten zudem bei einer alten E-Mail-Adresse, deren Speicherplatz aufgebraucht war. Seinen Kindern sei wiederum die Tragweite ihres Handelns schlicht nicht bewusst gewesen.

Dennoch beklagt der Mann, dass das Anbieten dieser Lootboxen seiner Ansicht nach unethisch sei. Obwohl man bereits den Vollpreis für das Game gezahlt habe, müsse man Geld für Glücksspiel ausgeben, um auch online ein starkes Team zu haben. Trotz der ganzen Einkäufe hätten seine Kinder ihren Lieblingsspieler, Lionel Messi, nicht bekommen.

Laut Aufschlüsselung bei goal.com liegt die (regelmäßig variierende) Wahrscheinlichkeit, einen Spieler mit vergleichbaren Werten wie jenen des argentinischen Starkickers zu bekommen, im niedrigen einstelligen Prozentbereich, wenn man eines der teuersten Kartenpacks kauft. Die Chance, Messi selbst zu bekommen, liegt folglich noch einmal deutlich darunter. Die jeweiligen Wahrscheinlichkeiten, Spieler unterschiedlicher Fähigkeitsstufen zu erhalten, werden vor dem Kauf der Kartensammlungen angezeigt.

Die Angelegenheit hatte für Carter zumindest ein glimpfliches Ende. Er wandte sich an Nintendo, und der Konsolenhersteller und Plattformbetreiber entfernte die gekauften Inhalte und erstattete alle von den Kindern getätigten Einkäufe zurück. Seine Sprösslinge müssen nun erst einmal ohne "Fifa" auskommen, denn Carter hat die Switch auf unbestimmte Zeit weggesperrt.

Nicht der erste Fall

Dieser Fall ist freilich kein Novum. Schon in der Vergangenheit machten immer wieder Beispiele von Kindern die Runde, die ohne Wissen der Eltern hohe Geldbeträge für Ingame-Inhalte ausgegeben haben. Aber auch Erwachsene können sich dazu verleiten lassen, ausgesprochen hohe Summen zu investieren. 2018 stellte ein "Fifa"-Spieler nach einem Auskunftsbegehren an Electronic Arts fest, dass er in zwei Jahren rund 10.000 Dollar in Lootboxen gesteckt hatte. 2017 berichtete ein 19-Jähriger darüber, dass er auf diese Weise 13.500 Dollar in "Counter-Strike" und andere Games gesteckt und sich dabei verschuldet hatte, nur um seine Spielsucht zu befriedigen.

Das Thema ist politisch ein heißes Eisen. Einige Experten sehen Parallelen zu klassischen Casinos. Aus der Politik kommen nicht nur deswegen Bedenken, sondern auch wegen potenzieller Unterwanderung staatlicher Glücksspielmonopole und Lizenzsysteme.

Manche Games-Hersteller sehen die Sache freilich anders. Gegenüber britischen Behörden verteidigte "Fifa"-Publisher Electronic Arts die Lootboxen. Diese seien "ethisch und spaßig" und am ehesten mit Überraschungseiern zu vergleichen, erklärte ein Manager. Und im Bereich der Mobile Games greifen sogar bislang als "brav" geltende Hersteller zu fragwürdigen Praktiken – etwa Nintendo bei "Mario Kart Tour" und "Dr. Mario World". (gpi, 10.7.2019)