Foto: imago/MiS/Bernd Feil/M.i.S.

Pro

von Ljubisa Tosic

Freiluftopern oder -operetten bescheren aufwühlende Natursensationen, mit denen kein Tempel der großen Gefühle mitzuhalten vermag. Die Bregenzer Festspiele etwa, bei denen Wasser- und Wolkenspiele delikat mit Inszenierungen verschmelzen, locken mit malerischem Flair. Besonders üble Wetterlaune aber versetzt in einzigartig naturalistische Kunstsituationen.

Es begab sich einst in Mörbisch, dass Regengüsse eine Premiere in die Knie zwangen. Abbruch. Aus den Lautsprechern dröhnte die surreal bedauernde Stimme Harald Serafins. Der Intendant war noch auf dem in Dunkelheit gehüllten Parkplatz zu hören, der sich mittlerweile in einen See verwandelt hatte. Wasser oben, Wasser unten, das Auto nirgends – herrlich, es schien, als umarmte einen der Neusiedler See.

Stunden später doch noch in Wien angekommen, erinnerte ein nach wie vor tropfender Anzug an ein Naturtheatererlebnis, das eine Wiener Staatsoper wohl niemals bieten wird.

Kontra

von Lara Hagen

Freiluft. Das kenne ich nur unter dem Anglizismus "Open Air". Und der Begriff ist für mich seit der Teenie-Zeit unweigerlich mit Sex, Drugs und Rock 'n' Roll verbunden. Okay – Letzteres kann auch mit Indie, Hip-Hop, Elektro oder was sonst alles auf Musikfestivals gespielt wird und wurde ersetzt werden. Aber eines steht fest: Eine Oper passt da nicht hinein.

Dabei hab ich es versucht: Die einzige Oper, die ich jemals gesehen habe, fand unter freiem Himmel statt. Endlich einmal für ein Konzert in Schale werfen – da kam feierliche Stimmung auf. Aber die extratoll geföhnten Haare zerzauste der Wind, das Bier gab es unerwartet im Plastikbecher. Und irgendwann wurde es durch das lange Sitzen zu kühl, und ich musste den mir viel zu großen Pulli meiner Begleitung über das noble Kleid ziehen.

Am Ende des Abends war das Opern-Feeling also dahin, und ich sah wieder aus wie eine Rockfestival-Besucherin – mit zu schicken Schuhen. (RONDO, 13.8.2019)