Mehr hat es nicht gebraucht: Weil Bundespräsident Alexander Van der Bellen offen ausgesprochen hat, dass es für Herbert Kickl nach der Nationalratswahl kein Comeback als Innenminister gibt, ist die FPÖ hellauf empört. Harald Vilimsky, blauer Generalsekretär und EU-Delegationsleiter, sieht in den jüngsten Aussagen des Staatsoberhaupts "eine Überschreitung des moralischen Kompetenzradius", wie er zum STANDARD sagt.

Comeback von Kickl als Innenminister ausgeschlossen: Nach ÖVP-Chef Sebastian Kurz sprach sich auch der Bundespräsident gegen ein solches Szenario nach der Nationalratswahl aus.
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Konkret hielt Van der Bellen in der "Zeit im Bild 2" am Dienstagabend fest, dass er FPÖ-Klubchef Kickl nicht mehr als Innenminister angeloben werde: "Für den unwahrscheinlichen Fall, dass es tatsächlich so käme, würde es an mir scheitern", erklärte Van der Bellen dort.

Vilimsky, den Van der Bellen einst im Zuge der Regierungsbildung von Türkis-Blau generell als nicht ministrabel namhaft gemacht hat, fordert vom Bundespräsidenten "eine konkrete Erklärung" ein, warum er Kickl nicht mehr als Innenminister angeloben würde. Auch bei ihm selbst sei das bis heute nicht ausreichend geschehen, meint Vilimsky.

Dem Vernehmen nach soll sich Van der Bellen im Herbst 2017 bei einem Treffen mit den 27 EU-Botschaftern gegen Vilimsky als mögliches Regierungsmitglied ausgesprochen haben, weil er der EU-skeptischen Fraktion ENF angehöre, die mittlerweile unter dem Kürzel ID firmiert.

Auch Kickl ruft nach Volk

Auch Kickl selbst forderte am Mittwoch trotz anfänglicher Konzentrationsgelüste von Asylwerbern, der umstrittenen Razzia beim Verfassungsschutz, Anzweifelns der Europäischen Menschenrechtskonvention und fragwürdiger Informationspolitik gegenüber kritischen Medien während seiner Amtszeit eine genaue Begründung für Van der Bellens Verweigerung einer erneuten Angelobung ein.

"Was habe ich eigentlich mit Ibiza zu tun?", fragte Kickl via Facebook. "Oder hat Ihnen meine restriktive Asylpolitik inklusive konsequenter Abschiebungen ohne jede Ausnahme für Sonderwünsche von Prominenten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nicht gefallen?" Abschließend zitierte er den Plakatspruch, mit dem derzeit eigentlich ÖVP-Chef Sebastian Kurz wahlkämpft: "Das Volk wird entscheiden!"

Dabei hat auch schon der junge Altkanzler Ende Juni auf Puls 4 eine Rückkehr Kickls ins Innenressort ausgeschlossen, da er ihn für diese Aufgabe für nicht geeignet hält. Und auch die ÖVP-Landeshauptleute betonen immer wieder, dass sie sich eine Neuauflage von Türkis-Blau nur ohne Kickl im Innenministerium (der Tiroler Günther Platter) beziehungsweise mit einer FPÖ-Ministerliste ganz ohne seinen Namen (der Oberösterreicher Thomas Stelzer) vorstellen können.

Warum sich die Freiheitlichen da mit ihrer Empörung zurückhielten? Dazu ein Blauer: "Wenn Kurz einen Ministervorschlag von uns zurückweisen würde, ist das etwas anderes. Theoretisch könnten ja auch wir bei Koalitionsverhandlungen zur ÖVP sagen: 'Den Kurz als Kanzler könnts euch in die Haare schmieren!'" Zudem habe Kickl bis dato nicht einmal ein Verfahren der Justiz am Hals.

Grünes Feindbild

Tatsächlich erfolgt die Angelobung oder die Entlassung von Ministern, siehe Kickl im Zuge des Ibiza-Skandals, formal auf Vorschlag des Kanzlers beziehungsweise desjenigen, den der Bundespräsident zuvor mit der Regierungsbildung betraut hat. Doch Van der Bellen gibt mit seiner Vergangenheit für die FPÖ ein weiteres Feindbild ab, das sich im Wahlkampf ab sofort genüsslich ausschlachten lässt.

Prompt lobte FPÖ-General Christian Hafenecker am Mittwoch Kickls "konsequente Asyl- und Zuwanderungspolitik", die von einer Mehrheit der Bevölkerung unterstützt worden sei. Nachsatz: "Dass dies nicht der Haltung des ehemaligen grünen Parteichefs und heutigen Bundespräsidenten entspricht, ist klar."

Im Umfeld von FPÖ-Chef Norbert Hofer will man die jüngsten Vorgaben des Bundespräsidenten für ein Revival von Türkis-Blau nicht kommentieren: "Diese Frage stellt sich derzeit nicht", heißt es dort, und: "Jetzt ist Wahlkampf – wir wissen nicht einmal, ob wir nach dem 29. September in Koalitionsverhandlungen eintreten."

Für diesen Fall, meint wiederum ein anderer FPÖ-Mann, würde die Partei wohl ohnehin nicht auf einem Minister Kickl bestehen, sondern ihn als Klubchef weitermachen lassen.(Nina Weißensteiner, 10.7.2019)