Die Gleichbehandlungskommission stellt in der Causa Erl fest, dass sexuelle Belästigungen durch Gustav Kuhn, den Dirigenten und ehemaligen Leiter der Festspiele Erl, stattgefunden haben.

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In der Causa Erl ist die Gleichbehandlungskommission im Kanzleramt zu einer Entscheidung gekommen. In einer Prüfung wurde laut einem Bericht der Tirol-Ausgabe der "Kronen Zeitung" festgestellt, dass eine sexuelle Belästigung durch Gustav Kuhn stattgefunden hat. Die Beurteilung ziehe aber keine rechtlichen Konsequenzen nach sich, da es sich nur um eine gutachterliche Feststellung handle.

Die Gleichbehandlungskommission war für die APA vorerst nicht erreichbar. In dem Bericht habe der zuständige Senat unter anderem goutiert, dass die Festspiele Kuhn von den Dirigaten und der Geschäftsführung entbunden haben.

Seit Anfang Mai sind auch die Ermittlungen der Innsbrucker Staatsanwaltschaft abgeschlossen, sagte ein Sprecher der APA am Mittwoch. Da der Fall von besonderem öffentlichem Interesse sei, wurde dem Justizministerium berichtet. Bisher habe man noch keine Rückmeldung erhalten. Wie lange das noch dauert, könne man nicht sagen.

Kritik der Opposition

Im vergangenen Sommer hatten die Festspiele die Gleichbehandlungskommission eingeschaltet. Jene Künstlerinnen, die Kuhn in einem offenen Brief sexuelle Belästigung vorgeworfen hatten, bekräftigten vor dem Gremium ihre Anschuldigungen. Erl-Geschäftsführerin Natascha Müllauer will laut "Krone" nun eine Unternehmenskultur schaffen, mit der "Belästigungen und Machtmissbrauch jeglicher Art" vermieden werden können.

Das Ergebnis der Prüfung der Gleichbehandlungskommission rief sogleich die Tiroler Opposition auf den Plan. Die Tiroler SPÖ-Nationalratsabgeordnete Selma Yildirim forderte eine "unabhängige Opferschutzkommission mit einem Klagerecht vor Gericht". Die Causa Erl sowie die Vorfälle in der Ballettschule der Staatsoper würden zeigen, dass der Kulturbereich besonders anfällig für Machtmissbrauch und sexuelle Gewalt sei.

Aufsichtsrat "unnotwendige Aufblähung"

Da die Tiroler Festspiele Erl Fördergelder des Landes Tirol erhalten, müsse Vorwürfen dieser Art "lückenlos" nachgegangen werden, meldete sich der grüne Landtagsabgeordnete Georg Kaltschmid.

Außerdem schließt sich Kaltschmid der Forderung des Landesrechnungshofes an, einen Aufsichtsrat in Erl zu installieren. "Es braucht hier ein weiteres Kontrollorgan, gerade wenn so viel Geld verwaltet wird". Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner hatte in einer Stellungnahme an die Landesregierung jedoch auf dem Ist-Zustand beharrt, berichtete die "Tiroler Tageszeitung" am Dienstag. Der Stiftungsvorstand nehme die Kontrollfunktion in Erl bereits wahr, meinte Haselsteiner. Er erachte einen Aufsichtsrat zusätzlich daher als "unnotwendige Aufblähung der Bürokratie".

Beate Palfrader (ÖVP), Kulturlandesrätin und ebenfalls Mitglied des Stiftungsvorstandes, bezeichnete sich jedoch als "Verfechterin eines Aufsichtsrats". Sie habe ein gutes Einvernehmen mit Haselsteiner und sei zuversichtlich, dass man hier noch zu einer Einigung finden werde, meinte sie. "Ich würde mich wohler fühlen, wenn wir ein zusätzliches Kontrollorgan haben", fügte Palfrader hinzu.

Causa seit 2018 Thema

Die Causa Erl war im Februar 2018 ins Rollen gekommen. Der Tiroler Blogger Markus Wilhelm veröffentlichte damals Vorwürfe der sexuellen Belästigung und des Machtmissbrauchs gegen Kuhn. In einem offenen Brief warfen fünf Künstlerinnen dem Dirigenten schließlich "anhaltenden Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe" während ihrer früheren Engagements vor. Kuhn bestritt die Vorwürfe, stellte im Sommer 2018 aber seine langjährige Funktion als künstlerischer Leiter bis zur vollständigen Klärung der Vorwürfe ruhend. Im Oktober legte er dann alle seine Funktionen zurück. (APA, 10.7.2019)