Das Wohnrecht wird auch die nächste Regierung beschäftigen.

Foto: Standard

Die Pläne der türkis-blauen Regierung waren ambitioniert. Ein neues Mietrecht sollte im Rahmen eines Konvents mit Experten geschaffen werden. So stand es im Regierungsprogramm. Mittlerweile ist die Regierung samt dazugehörigem Programm Geschichte, die Pläne für ein neues Mietrecht gescheitert. Wieder einmal – denn das Vorhaben, das veraltete und unübersichtliche Mietrecht zu reformieren, hatten auch andere Regierungen schon.

Wie ein neues Wohnrecht aussehen könnte, war jüngst Thema einer Podiumsdiskussion, die vom Forum Wohn-Bau-Politik organisiert wurde. Einig waren sich die Politiker zwar darin, dass leistbares Wohnen das aktuell drängendste Thema ist. Aber bei der Suche nach Lösungen zeigten sich die ideologischen Gräben.

Bei den Neos sieht man die Ursache für die steigenden Immobilienpreise in der Geldpolitik der EZB. Durch die niedrigen Zinsen seien Immobilien als Anlageform erst interessant geworden, das habe die Preise in die Höhe getrieben. Leistbares Wohnen verortet Gerald Loacker von den Neos im sozialen Wohnbau. Hier sieht er ein "Versagen der öffentlichen Hand". Die Treffsicherheit müsse erhöht, die Mieten einkommensabhängig gestaltet werden, "ähnlich wie bei der Kirchensteuer".

Gestiegene Ansprüche

"Die öffentliche Hand ist doch nicht nur für den gemeinnützigen Wohnbau zuständig", entgegnete Nina Tomaselli von den Grünen. Es sei ein Fehler gewesen zu glauben, dass der Markt "wie von Zauberhand" alles regelt. "Die Politik muss sich die Vormacht am Wohnungsmarkt zurückholen", forderte Tomaselli.

Gestiegene Grundstücks- und Baupreise, eine Flut an Normen – aber auch gestiegene Ansprüche der Wohnungssuchenden machte Josef Muchitsch von der SPÖ für das Preisproblem am Immobilienmarkt verantwortlich. Er stellt dem österreichischen Modell – speziell im Vergleich zu Ländern wie Deutschland – immer noch ein gutes Zeugnis aus: "Aber es ziehen erste Wolken auf." Wichtig sei, dass die Politik nun auf jene schaut, die sich Eigentum nicht leisten können.

Wolfgang Zinggl von der Liste Jetzt wies auf die Problematik der befristeten Mietverträge hin. Es sei eindeutig, dass diese die Mieten in die Höhe treiben. Er ortet in den Befristungen auch ein zentrales kulturelles Problem. Wer nur wenige Jahre in einer Wohnung wohnen darf, adaptiere diese nicht nach seinen Bedürfnissen und baue keine Beziehung zu den Nachbarn auf. Hier ließe sich relativ einfach eine Änderung durchsetzen, meint Zinggl.

"Auf gutem Weg gewesen"

Warum unter Türkis-Blau in puncto Mietrecht nichts passiert sei, wollten auch Gäste der Podiumsdiskussion wissen. "Weil die Regierung frühzeitig zu Bruch gegangen ist", so Alexander Pawkowicz von der FPÖ lapidar. Laut Johann Singer von der ÖVP sei man "durchaus auf einem guten Weg gewesen" . Aus dem Publikum kamen auch Appelle, das verfahrene Wohnrecht endlich anzugehen. "Seien Sie mir nicht böse", hieß es da etwa: "Aber es gibt die Vorschläge bereits." Das letzte Mietrecht sei im Groben aus einer Notsituation nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden. "Braucht es einen dritten Weltkrieg?"

Es gebe schon Themen, auf denen man aufbauen könnte, gab sich Pawkowicz optimistisch – denn sowohl Grüne als auch SPÖ und FPÖ legten in ihren jeweiligen Entwürfen bestimmte Korridore fest, in denen zu einem freien Mietzins vermietet werden kann, bevor die Mieten gedeckelt werden. Viele Vorschläge, die schon auf dem Tisch liegen, müsse man sich anschauen, so Muchitsch. Loacker ist allerdings nicht "wahnsinnig optimistisch", was das Einschränken der Eintrittsrechte des "Mietadels" betrifft. "Es fehlen die Taten", urteilte auch Zinggl.

Die Diskussion im Architekturzentrum Wien war Teil des "Wohnrechtskonvents 2019" des Forums Wohn-Bau-Politik. Das Ziel der Bewegung: ein Weißbuch für ein neues Wohnrecht. Bis September können Bürger noch online mitdiskutieren. Schon vor der Wahl im Herbst ist klar: Das Wohnrecht wird sich auch die nächste Regierung ins Regierungsprogramm schreiben. (zof, 20.7.2019)