Kritiker sehen in der Fluggastdatenspeicherung eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung.

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Seit März gilt: Wer mit dem Flugzeug fliegt, wird mit einer Datenbank für Verbrecher des Bundeskriminalamts kontrolliert. Anbieter müssen 48 Stunden vor dem Start Informationen an die Fluggastdatenzentralstelle versenden. Die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Neos durch das Innenministerium, die dem STANDARD vorliegt, gibt nun einen ersten Einblick in das Ausmaß.

"Maßgebliche Informationen" in 36 Fällen

So wurden bis zum 14. Mai 2019 7,6 Millionen Datensätze (Passenger Name Records) durch Fluggesellschaften an das System übermittelt. Dabei wurden über 38.000 Flüge registriert und über 7,6 Millionen Passagierdaten verarbeitet. "Maßgebliche Informationen" wurden in 36 Fällen an Ermittlungsdienststellen übermittelt. "Sie bezogen sich sowohl auf Sachverhalte im Bereich der schweren Kriminalität als auch der Terrorismusbekämpfung. Die Ermittlungen sind jedoch vielfach noch nicht abgeschlossen, weshalb auch keine weitergehenden Ausführungen möglich sind", heißt es in der Anfragebeantwortung.

"Für diese doch sehr mickrige Bilanz die Fluggäste dermaßen zu durchleuchten, halte ich für nicht angebracht und einen nicht gerechtfertigten Einblick in die Privatsphäre der Passagierinnen und Passagiere", kritisiert der Neos-Abgeordnete Nikolaus Scherak.

Derzeit befindet sich das System im Probebetrieb, im Endausbau sollen 86 Fluglinien ihre Daten übermitteln. Zu den Daten gehören etwa Informationen über Begleitpersonen, Kreditkartendaten oder frei wählbare "allgemeine Hinweise". Laut der Anfragebeantwortung haben aktuell 20 Personen Zugriff auf die in der Datenbank gespeicherten Passagierdaten. Zugriffe darauf würden "lückenlos protokolliert". Sechs Monate nach Übermittlung müssen die Daten depersonalisiert werden. Die jährlichen Personalkosten kommen auf 1,8 Millionen Euro.

Klage vor EuGH

Eine Airline, die sich weigert, riskiert pro Fall eine Strafe von bis zu 15.000 Euro. Aus Sicht von Kritikern handelt es sich um eine unzulässige Vorratsdatenspeicherung, wie sie bereits 2014 und 2016 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gekippt wurde. Etwa die Grundrechts-NGO Epicenter Works strebt deswegen aktuell eine Klage vor dem EuGH eingebracht. (muz/br, 10.7.2019)