Hans-Georg Maaßen auf einer Archivaufnahme mit Kanzlerin Angela Merkel aus dem Jahr 2014.

Foto: APA/dpa/Oliver Berg

Berlin – Der ehemalige deutsche Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat am Dienstagabend mit einem Tweet erneut für Aufsehen gesorgt und eine Debatte über Medien und Migration in Deutschland angefacht. Maaßen teilte einen Link zu einem Artikel der "Neuen Zürcher Zeitung" mit der Überschrift: "In deutschen Städten sieht die Mehrheitsgesellschaft ihrem Ende entgegen".

Darin heißt es: "Frankfurt am Main, Offenbach, Heilbronn, Sindelfingen – in diesen und anderen Städten sind Deutsche ohne Migrationshintergrund nur noch die grösste Gruppe, stellen aber keine absolute Mehrheit mehr dar." Maaßen schrieb dazu: "Für mich ist die 'NZZ' so etwas wie 'Westfernsehen'."

Mit diesem Tweet erregte Hans-Georg Maaßen anstoß.

Die Zeitung wehrte sich gegen den Vergleich. "Wir sind kein Westfernsehen. Dieser Vergleich ist unpassend und Geschichtsklitterung. Auch bei deutschen Medien arbeiten ausgezeichnete Journalisten und Journalistinnen", heißt es in einem Tweet der Zeitung.

Die "Neue Zürcher Zeitung" reagierte umgehend auf den Tweet.

Allerdings scheint der Schweizer Tageszeitung mit dem Text auch nicht ganz wohl gewesen zu sein. Mittlerweile ist unter dem Artikel die Anmerkung zu lesen, es habe sich bei der ursprüngliche Fassung "versehentlich" um eine unredigierte Version gehandelt. Deutsche Twitter-Nutzer diskutieren trotzdem über den von Maaßen geteilten Artikel. Er selbst schob eine Studie über die politische Ausrichtung deutscher Journalisten nach.

Neue Kritik an Ex-Verfassungsschutzchef

Auch die deutsche Politik reagierte rasch: Der Grünen-Politiker Volker Beck meinte, "wir haben also nach Ihrer Ansicht, geschätzter Herr Maaßen, in Deutschland Zensur & staatlich gelenkte Medien wie in der DDR? Habe ich Sie richtig verstanden, dass damit die FDGO (Freiheitliche demokratische Grundordnung), die Sie als Verfassungsschutzpräsident schützen sollten, Ihrer Meinung bereits außer Kraft ist?"

Der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz meinte: "Ein früherer Präsident des Verfassungsschutzes vergleicht die deutschen Medien mit der SED-Einheitspresse. Bisher brüllten nur die völkisch-nationalistische AfD und Pegida 'Lügenpresse'. Die sog. 'Werte'-Union verliert völlig die Orientierung." Maaßen ist Mitglied der CDU und der Werteunion, die sich als konservative Strömung in der Union versteht.

Erzkonservativer Verfassungsschützer

Maaßen war im vergangenen Jahr nach relativierenden Äußerungen über rechtsextreme Ausschreitungen in Chemnitz kritisiert worden. Ihm wurde vorgeworfen, fremdenfeindliche Ausschreitungen zu verharmlosen. Zudem hatte er bei einem internationalen Treffen von "linksradikalen Kräften" in der SPD gesprochen. Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte trotzdem lange an Maaßen festgehalten, was zu einer Krise in der deutschen Koalition geführt hatte.

Das gilt vor allem, weil Maaßen schon davor alles andere als unumstritten war: Ihm wurde vorgeworfen, bei der Aufklärung der Mordserie des rechtsradikalen NSU kein ausreichendes Engagement an den Tag gelegt zu haben. (red, APA, 10.7.2019)