Wien – Die Redakteurinnen und Redakteure des ORF-Kultur- und -Inforadios Österreich 1 haben über ihre Favoriten für den Sendermanager abgestimmt. Peter Klein geht mit Ende Juli in Pension. Die meisten Stimmen erhielten nach STANDARD-Infos aus mehreren Quellen Silvia Lahner, Abteilungsleiterin Kultur bei Ö1, sowie eine externe Kandidatin, die bei einem deutschen Radiosender arbeitet.

Lohnende Kandidaten

Lahner wird im ORF als eine der aussichtsreicheren unter gut einem Dutzend Bewerber gehandelt – DER STANDARD berichtete mehrfach, etwa hier Ende Juni. Zu diesen Bewerbern mit Aussicht wird auch Ö1-Wissenschaftschef Martin Bernhofer gezählt; auch Albert Malli, seit langem stellvertretender Senderchef von Ö3 und schon in mehreren Organisations- und Umbauprojekten des ORF engagiert. Ö1 soll wie Ö3 bis 2022 auf den Küniglberg übersiedeln, viele Ressorts und Abteilungen sollen dort künftig medienübergreifend arbeiten.

An den Reglern: ein Studio im Funkhaus von Ö1. Der Sender sucht gerade einen neuen Chef oder eine neue Chefin.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Diese drei Kandidaten werden auch als chancenreich gehandelt, weil sie in ihren bisherigen Funktionen in hohen und damit teureren ORF-Dienstgraden beschäftigt sind – und ihre allfälligen Nachfolger voraussichtlich günstigere Verträge bekämen. Der ORF und ebenso Ö1 stehen unter (Personal-)Spardruck – ORF-Chef Alexander Wrabetz hat den Stiftungsräten für die jüngste Gebührenerhöhung mit Frühjahr 2017 bis 2021 300 Millionen Euro Einsparungen und 300 Jobs weniger im ORF versprochen.

Redakteursvotum bindet General nicht

Die externe Kandidatin, die neben Lahner die meisten Stimmen der Redakteurinnen und Redakteure erhalten hat, arbeitet bei einem deutschen öffentlich-rechtlichen Sender. Sie soll beim Hearing vor den Redakteuren durch besonders professionelle Performance aufgefallen sein. Dass sie zum Zug kommt, bewerten Kenner der Situation im ORF aber als wenig wahrscheinlich. Redakteursstimmen für sie könnten unter diesem Gesichtspunkt auch als Proteststimmen interpretiert werden.

Das Votum der Redakteurinnen und Redakteure bindet die Radiodirektorin Monika Eigensperger nicht bei ihrem Vorschlag an ORF-General Alexander Wrabetz für die künftige Ö1-Führung. Wrabetz ist ebenso wenig an das Abstimmungsergebnis in der Belegschaft gebunden. Er muss nur den Redakteursvertretern eine von ihrem Votum abweichende Bestellung begründen.

Personal und Politik

Wrabetz soll bisher signalisiert haben, er werde den neuen Ö1-Chef oder die neue Ö1-Chefin rasch bestellen, womöglich noch vor Kleins Abschied in die Pension Ende Juli. Der ORF-General tendierte bei seinen gewichtigeren Personalentscheidungen bisher aber dazu, insbesondere Nationalratswahlen und Regierungsbildungen abzuwarten – auch für politisch passende Besetzungen. Die Channel-Manager und Chefredakteure von ORF 1 und ORF 2 bestellte Wrabetz nach gut einem Jahrzehnt Debatte und Ankündigung der neuen Channelstruktur schließlich erst im Frühjahr 2018, einige Monate nach Dienstantritt der ÖVP-FPÖ-Koalition unter Sebastian Kurz Ende 2017. Die Bestellung des Ö1-Chefs oder der Ö1-Chefin könnte also auch ein bisschen länger dauern. (fid, 11.7.2019)