"Ich habe Biochemie studiert. Nach dem Studium habe ich mich bei mehreren Unternehmen beworben. Mein Einstieg in die Pharmabranche, wo ich nun seit mittlerweile acht Jahren tätig bin, war in einem kleinen Start-up. Da ging es um Medikamentenentwicklung, also darum, ganz neue, innovative Medikamente herzustellen. Ich habe dort wirklich alle Schritte der Medikamentenherstellung im kleinen Maßstab selber machen können. Das große Ganze zu sehen ist natürlich ein Vorteil für einen Einsteiger, denn in großen Firmen ist man ja meist nur für einen Teilaspekt verantwortlich.

Die Firma ist dann aber leider Pleite gegangen, wie es bei Start-ups oft so ist. 90 Prozent schaffen es nicht, das Produkt fertigzuentwickeln und auf den Markt zu bringen. Das ist aber grundsätzlich nicht weiter tragisch, weil meist große Pharmafirmen im Hintergrund stehen, die in viele Start-ups investieren. Und wenn eines erfolgreich ist, hat es sich für sie schon wieder ausgezahlt.

Ich habe mich woanders beworben und bin zu einem großen Pharmaunternehmen in Oberösterreich in die Qualitätssicherung gegangen. Dort war ich dann fünf Jahre lang. Damals haben wir in Salzburg gelebt. Meine Frau, eine Lehrerin, pendelte 50 Kilometer in die eine Richtung, ich 40 Kilometer in die andere. Wir haben gescherzt, dass wir nur Arbeiten, um uns das Autofahren finanzieren zu können. Schließlich haben wir uns entschieden, dass wir mit unseren Kindern in die Nähe von Linz ziehen wollen. Linz ist eine sehr attraktive Stadt – mit mehr Jobs als Einwohnern, so habe ich es unlängst in einem Zeitungsartikel gelesen. Meine Frau hat sich bei mehreren Schulen beworben, ich hab mich bei mehreren Firmen beworben.

72.000 Euro brutto pro Jahr

Aktuell arbeite ich als Abteilungsleiter in der Medikamentenproduktion. In dieser Funktion merke ich selbst, dass hier die Fachkräfte fehlen. Wenn wir einen Job ausschreiben, ist die Zahl der Bewerber überschaubar. Obwohl wir keine besonderen Anforderungen stellen, haben wir oft nur zwei bis drei Bewerber. Und auch die Qualität der Bewerber lässt zu wünschen übrig. Wenn ich frage: 'Wie sind Sie auf unser Unternehmen gekommen?' lautet die Antwort nicht selten: 'Eigentlich bin ich nur da, weil meine Mama gesagt hat, das wäre ein super Job. Was ihr macht, weiß ich gar nicht so genau.'

Was wir tun: Wir produzieren ein Medikament, das oral eingenommen wird. Genaueres will ich nicht sagen, weil Kollegen sonst vielleicht auf meine Person schließen könnten. Ich bin jedenfalls dafür verantwortlich, dass die Produktion möglichst reibungslos abläuft und interne Vorschriften und behördliche Vorgaben eingehalten werden. Wenn es ein plötzliches Problem gibt, ist es meine Aufgabe, es zu lösen. Und ich erledige sehr viel Papierkram. Mein Einkommen ist im Moment 72.000 Euro brutto pro Jahr. Das heißt ich komme netto auf rund 3.000 Euro im Monat.

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Unser Gesprächspartner, ein Abteilungsleiter in der Medikamentenproduktion, hat die Verantwortung über 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und verdient nach eigenen Angaben rund 3.000 Euro netto pro Monat (Symbolbild).
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Ob ich damit zufrieden bin? Jein. Während ich jetzt einen All-in-Vertrag habe, hat mir meine vorherige Firma die Überstunden ausbezahlt, und so kam ich auf ein Jahresbrutto von 65.000 Euro. Und das ohne direkte Personalverantwortung. Jetzt habe ich 50 Mitarbeiter und die Verantwortung über eine Produktionsabteilung, die eine der Hauptsäulen des Betriebs ist. Da kann man sagen, dass der Gehaltssprung nicht gerade gewaltig ist.

Aber natürlich zählt nicht nur das Geld. Bei meiner vorherigen Firma ging ich oft mit Frust aus der Arbeit, wenn aus geplanten acht Stunden Arbeit dann zehn Stunden wurden. So geht es mir heute nicht mehr, ich verspüre dann keine Unzufriedenheit. Außerdem war es für mich schon etwas Besonderes, ohne Führungserfahrung in eine Leitungsposition übernehmen zu können, quasi von null auf 50.

Mit 36 bin ich auch nicht unbedingt der Chef, den man sich vorstellt. Das Klischee des bulligen Silberrückens bediene ich nicht. Trotzdem komme ich sehr gut mit meiner Rolle zurecht. Meine Mitarbeiter haben mich sehr gut aufgenommen, und mein Vorgänger war zum Glück noch im Amt, als ich gekommen bin – und so gab es eine einigermaßen geregelte Übergabe.

Hohe Ausgaben für Kinderbetreuung

Zu meinen Ausgaben: Wir haben einen Kredit am Laufen mit einer monatlichen Rate von rund 1.400 Euro. Wir haben zwei Autos, ein Motorrad, zwei kleine Kinder und relativ viele Versicherungen: Eine doppelte Lebensversicherung, eine private Krankenversicherung für die Kinder, eine Haushalts- und Rechtsschutzversicherung sowie KfZ-Versicherungen. Die Versicherungslast liegt bei uns etwa bei 500 Euro pro Monat. Wir heizen mit Gas, das sind circa 90 Euro pro Monat. Unser Stromverbrauch liegt bei circa 40 Euro pro Monat. Einen Fernseher haben wir, aber wir benutzen ihn nur zum Streamen. Internet und Telefonie kommen auf circa 50 Euro pro Monat.

Relativ viel geben wir für Kinderbetreuung aus. Leider sind die Großeltern entweder weit weg oder krankheitsbedingt nicht verfügbar. Wir sind also auf uns allein gestellt, mit zwei Vollzeitjobs. Für den Kindergarten für unseren fünfjährigen Sohn geben wir 160 Euro pro Monat aus. Der Zweijährige ist bei einer Tagesmutter, die kostet 450 Euro. Dazu kommt das Honorar für das Kindermädchen, das einspringt, wenn meine Frau und ich beide Besprechungen oder Konferenzen haben und die Kinder nicht abholen können. Wir haben schon überlegt, ob nicht einer von uns einen Teilzeitjob annimmt, einfach um dieses Beitragsdilemma zu kompensieren.

Keine gute Work-Life-Balance

Hobbys habe ich zurzeit fast keine, weil ich meistens neun bis zehn Stunden pro Tag in der Arbeit bin. Pro Jahr mache ich zwischen hundert und zweihundert Überstunden. Das liegt daran, dass sich einfach nicht alles in der vorgegebenen Zeit ausgeht. Wenn ich heimkomme, werden die Kinder ins Bett gebracht, und dann bin ich meistens zu erschöpft, um noch ins Fitnesscenter zu gehen oder etwas anderes zu machen. Urlaub machen wir auch kaum. In den vergangenen zwölf Monaten habe ich nur etwa fünf Urlaubstage und fünf Zeitausgleichstage konsumiert. Eine bessere Work-Life-Balance wäre ein großer Wunsch von mir." (Gehaltsprotokoll: Lisa Breit, 17.7.2019)