Das Design von Robotern sollte halten, was es verspricht, sagt Bernhard Dieber. So würden Erwartungen, etwa durch eine menschenähnliche Optik, nicht enttäuscht.
Foto: ABB

Roboter sollen künftig mit Menschen eng zusammenarbeiten – nicht nur in Fabrikshallen, sondern auch als Hilfe zu Hause oder als "Social Robots" in Hotels oder Restaurants. Neben Sicherheit ist auch intuitive Interaktion ein wichtiger Aspekt. Für Bernhard Dieber, Robotik-Experte der Forschungsgesellschaft Joanneum Research, ist die Vertrauenswürdigkeit von Robotern ein wichtiger Faktor, den er im Rahmen des Projekts "CredRoS" (Credible & Safe Robot Systems), gefördert vom Verkehrsministerium, zu verbessern versucht.

STANDARD: Welche Fähigkeiten brauchen Roboter, um vertrauenswürdig zu sein?

Dieber: Seit es Roboter gibt, wird großer Wert darauf gelegt, die physische Sicherheit zu gewährleisten. Doch nun orientiert sich die Forschung noch in eine weitere Richtung. Man möchte den Robotern Vertrauenswürdigkeit verleihen. Die Frage dahinter ist: Wenn Menschen viele interaktive Roboter in ihrem Umfeld haben, wie schafft man es, dass sie gerne mit ihnen interagieren? Die Nutzer sollen keinerlei Vorbehalte gegenüber der Interaktion haben. Sie sollen sich auf die Funktionalität, die sie von den Robotern erwarten, wirklich verlassen können. Gleichzeitig sollen sie sicher sein, dass die Maschine auch tatsächlich nur das tut, was man von ihr erwartet. Roboter müssen also nicht nur glaubwürdig sein, sondern diese Glaubwürdigkeit auch transportieren können und wahrnehmbar machen.

STANDARD: Manche Entwickler wollen Roboter so gestalten, dass sie Menschen oder auch etwa Haustieren ähneln. Ist das eine legitime Strategie, um Vertrauenswürdigkeit herzustellen?

Dieber: Hier wird versucht, ein inhärentes Vertrauen, das wir in Menschen oder Tiere haben, auf die Maschine zu übertragen – großteils aber nur durch rein oberflächliches Design. Diese Gestaltung bedeutet also noch längst nicht, dass das dahinterstehende System die dadurch suggerierten Eigenschaften tatsächlich hat. Wenn ein Roboter sehr menschenähnlich ist, erwartet man aufgrund dieses Erscheinungsbildes bestimmte Dinge von ihm. Wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden, wird er völlig unglaubwürdig. Man wird ihm nicht vertrauen, wenn er nicht das tut, was man von ihm erwartet. Wir beschäftigen uns mit der Frage, wie man die Systeme technisch so designen kann, dass sie das, was ich von ihnen erwarten kann, auch wirklich transportieren.

STANDARD: Ein Roboter, der nicht besonders viel kann, sollte also plump aussehen?

Dieber: Das könnte eine Maßnahme sein. Natürlich sollte er immer seinem Zweck entsprechend designt sein. Einen Staubsaugerroboter wie eine Katze zu designen mag nicht besonders sinnvoll sein.

Nutzer müssen sich auf die Funktionalität, die sie von Robotern erwarten, verlassen können, sagt Bernhard Dieber – hier in Interaktion mit einem Forschungsroboter.
Foto: Bernhard Bergmann

STANDARD: Viele Staubsaugerroboter werden jetzt schon wie Haustiere behandelt. Wie geht man mit der Eigenart des Menschen um, Gegenstände vermenschlichen zu wollen?

Dieber: Es ist eine sehr alte menschliche Eigenschaft, Emotionen gegenüber unbelebten Dingen zu entwickeln. In gewissen Bereichen – etwa im Produktdesign – kann das nützlich sein. Gerade im Kontext mit einer so vielseitigen Maschine wie einem Roboter sollte man aber vorsichtig sein. Ich bin kein Fan eines Roboterdesigns, das beim Menschen gezielt Emotionen auslösen möchte. Das trägt nicht zur Funktion des Produkts bei – vielleicht mit Ausnahme des therapeutischen Bereichs. Eine freundliche Begrüßungsformel eines Serviceroboters ist okay, dort, wo es aber in Richtung einer engen emotionalen Bindung geht, ist das kritisch zu sehen.

STANDARD: Welche Strategien hat man als Entwickler nun zur Verfügung, um Vertrauens- und Glaubwürdigkeit herzustellen?

Dieber: Es fängt schon bei der robotischen Wahrnehmung an. Hier gibt es beispielsweise die Strategie, alles, was die Sensoren erfassen, sofort in sicherheitsrelevant und nicht sicherheitsrelevant zu klassifizieren. Stationäre Objekte sind möglicherweise weniger sicherheitsrelevant als Menschen in der Nähe. Dann geht es um die Verarbeitung der Wahrnehmungen: Wie plant der Roboter seine Aufgaben? Ein klassischer Industrieroboter mit seinen effizienten, ruckartigen Bewegungen agiert aus Sicht des Menschen recht seltsam. Man kann Robotern auch andere Bewegungen verleihen. Wir haben etwa mit Sensorik aufgezeichnet, wie ein Mensch eine Aufgabe erledigt und dabei seinen Arm bewegt. Diese Bewegungsform haben wir dann auf einen Roboterarm übertragen. Damit ist die Aktion des Roboters viel leichter verständlich. Man kann als Mensch sofort darauf schließen, welche Bewegungen man erwarten kann.

STANDARD: Wie kann man überhaupt erkennen, ob der Roboter ordnungsgemäß funktioniert?

Dieber: Wir arbeiten daran, dass man auch über lange Zeit hinweg nachvollziehen kann, wie und warum ein Roboter agiert hat. Einerseits ist das für forensische Zwecke wichtig. Wenn etwas passiert, benötigt man ein gesichertes System, aus dem heraus man die Gründe des Verhaltens rekonstruieren kann. Andererseits möchte man diese Daten auch für die Interaktion mit dem Menschen nutzen. Die Frage hier ist: Welche Daten kann man im Robotersystem sammeln, die dem Menschen helfen, die Aktionen der Maschine zu verstehen? Ein Ziel ist, verständlich mitzuteilen, was der Roboter als Nächstes vorhat. (Alois Pumhösel, 16.7.2019)