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Ein Google Home Mini.

Foto: REUTERS

Belauschen smarte Lautsprecher ihre Nutzer rund um die Uhr? Nein, sagen die Hersteller und auch unabhängige Untersuchungen konnten bisher keinerlei Beleg für solche Spionageaktivitäten finden. Was allerdings bekannt ist, ist dass alle großen Hersteller die nach dem jeweiligen "Hotword" – also etwa "Alexa" oder "Hey Siri" – getätigten Spracheingaben auf die Server der jeweiligen Betreiber hochgeladen und dort analysiert werden. Grund dafür sind allerdings keine sinistren Absichten, vielmehr ist dies notwendig, da smarte Lautsprecher – noch – nicht die nötige Rechenkraft haben, um Spracherkennung lokal vornehmen zu können.

Analyse

Und doch eröffnet sich hier auch ein Privatsphärenproblem, wie eine Recherche des belgischen Senders VRT aufzeigt. Denn wie sich herausstellt, beschäftigt Google ein Netz von Sprachexperten, die diese Aufnahmen zum Teil anhören und analysieren. Das Ziel dabei: Mithilfe von manuellen Transkriptionen soll die Qualität der automatischen Spracherkennung nach und nach verbessert werden. Ähnliches hatte Bloomberg bereits vor einigen Monaten über Amazon aufgedeckt, und auch bei Apple wird die Spracherkennung von Siri angeblich mithilfe von Menschen manuell verbessert.

An diese Erkenntnis sind die Reporter dank eines Informanten gekommen, der nach eigenen Angaben pro Woche rund 1.000 Spracheingaben für Google analysiert. Google selbst macht in einer Stellungnahme aus dieser Praxis auch kein Hehl: Es würden 0,2 Prozent aller Aufzeichnungen manuell ausgewertet. Dies erfolge allerdings komplett anonym, für die Mitarbeiter seien die Samples nie auf einen bestimmten Account rückführbar.

Problematische Inhalte

Dies scheint zwar korrekt zu sein, doch wie die Recherche zeigt, ist die Angelegenheit in der Praxis etwas komplizierter. Immerhin kommt es immer wieder vor, dass in solchen Sprachbefehlen private Details erwähnt werden, mit deren Hilfe dann sehr wohl eine Zuordnung zu einer konkreten Person möglich ist. VRT hat dies anhand von durch den Google-Dienstleister offenbar weitergegebenen Sprach-Samples gleich genutzt, um effektreich einzelne Betroffene mit ihren Sprachaufzeichnungen zu konfrontieren. Besonders problematisch kann dies werden, wenn der smarte Lautsprecher unabsichtlich aufzeichnet, also wenn eine Fehlerkennung des "Hotwords" erfolgt. Dies sei in rund 150 Aufnahmen der Fall gewesen, die VRT vorlagen. Zum Teil waren dort Konversationen über private Themen zu hören, in einem Fall soll der Google-Subunternehmer auch Ohrenzeuge von physischer Gewalt gegen eine Frau geworden sein.

Rechtsfragen

Unklar bleibt vorerst, ob die Google-Praxis rechtlich problematisch ist oder nicht. In den Nutzungsbedingungen zum Google Assistant ist zwar die Rede davon, dass die Sprachaufnahmen zur Verbesserung des Services analysiert werden, dass dies ein Mensch vornimmt, geht daraus aber nicht hervor. Dies könnte einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung darstellen, wie Michael Veale, Forscher am Alan Turing Institut in London, betont. Vaele hatte erst vor kurzem eine Beschwerde gegen Apple bei der irischen Datenschutzbehörde eingereicht, da dessen Siri im Gegensatz zu den Diensten von Google und Amazon keine nachträgliche Löschung der Aufnahmen ermöglicht.

Löschung

Wer bei Google seine bisherigen Sprachaufnahmen anhören oder löschen will, kann dies über eine eigene Seite in der Aktivitätsübersicht des eigenen Kontos. Zudem ist es möglich, die dauerhafte Speicherung von Sprachsamples generell zu deaktivieren, was allerdings eine negative Auswirkung auf die Qualität der Spracherkennung hat. Bei Amazon kann die Entfernung bestehender Aufzeichnungen mittlerweile sogar via Sprachbefehl an Alexa durchgeführt werden.

Reaktion

Angesichts des aktuellen Berichts kündigt Google zunächst einmal eine interne Untersuchung an – und zwar gegen den externen Dienstleister. Immerhin habe diese rmit der Weitergabe von privaten Daten an ein Medium gegen die Datenschutzrichtlinien des Unternehmens verstoßen. All diese Aufnahmen seien aus Privacy-Gründen streng vertraulich zu behandeln. Ansonsten gibt man sich vage, ein Sprecher kündigt an, dass man untersuche, wie künftig klarer gemacht werden könne, was mit den Sprachaufzeichnungen passiert. (apo, 11.7.2019)