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Stressmanagement: Delegieren gehört auch dazu

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Viele Führungskräfte fühlen sich für alles verantwortlich, dabei wäre Delegation ein effektives Führungsinstrument. Warum es Sinn macht und wie es ginge wissen wir alle.

Was hindert also daran daran?

Hier sind die häufigsten Argumente, die uns in Coachings begegnen:

- Es braucht mehr Zeit, eine Aufgabe zu delegieren, als sie selbst zu erledigen

Die tatsächliche Zeitdifferenz ist verschwindend gering. Auch wenn es in manchen Situationen stimmen sollte, kurzfristig, aufgrund der Personalentwicklungszeit müssen Sie etwas mehr Zeit dafür aufwenden, um eine Aufgabe zu delegieren, aber auf lange Sicht gesehen können Sie dennoch viel Zeit einsparen. Wechseln Sie die Zeitperspektive!

- Ich mache es ohnehin gerne selbst

Legitim, aber nicht zielführend. Vielleicht sind Sie mit den strategischen Aufgaben überfordert oder die Tätigkeiten Ihres früheren Jobs fehlen Ihnen. Reservieren Sie begrenzte Zeit dafür. Reflektieren Sie, wie viel Zeit Sie für diese Tätigkeiten aufbringen müssen, um die Lust an dieser Arbeit zu befriedigen – dann können Sie den Rest vielleicht loslassen.

- Es gibt niemanden, der genügend Erfahrung bzw. die erforderlichen Fähigkeiten mit bringt

Dies ist ein wichtiger Grund, warum manche Führungskraft zögert, eine Aufgabe zu delegieren. Aber es gibt eine einfache Lösung für dieses Problem: Sorgen Sie für die Weiterbildung und Entwicklung Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

- Ich fürchte, dass ein anderer diese Aufgabe womöglich besser macht, als ich selbst

Stellen Sie Ihre Kompetenzen lieber dadurch unter Beweis, dass Sie es verstehen, Menschen zu entwickeln und die Stärken ihres Teams richtig zu koordinieren wissen. Der beste Weg, sich selbst zu entlasten und auf strategische Aufgaben und wichtige Prioritäten zu fokussieren.

- Mangelndes Vertrauen

Dies ist wohl am schwierigsten zu verändern, denn Vertrauensfähigkeit wird früh geprägt und lässt sich nur durch Coaching und tägliches Reflektieren wieder aufbauen.

Viele Führungskräfte neigen dazu, im Zweifelsfall doch lieber alles selbst zu machen. Sie wissen zwar bis ins Detail Bescheid, es kostet jedoch Zeit, die in anderen Bereichen fehlt, wie zB. der Personalentwicklung oder die strategische Positionierung der eigenen Abteilung. Sie werden engagierte Mitarbeiter auch nicht halten können, denn fehlende Entwicklungsmöglichkeiten und eingeschränkter Gestaltungsspielraum werden in unseren Audits als häufigste Kündigungsgründe angegeben.

Ein paar Praxistipps, damit Delegieren doch möglich wird und gelingt:

Welche Aufgaben sich delegieren lassen, muss in der Regel im Einzelfall und je nach Situation entschieden werden. Dennoch gibt es eine Richtlinie, an der Sie sich orientieren können.

Leicht delegierbar sind vor allem Routineaufgaben, Spezialistentätigkeiten. Aufgaben, die quasi anhand einer Checkliste erfüllt werden können und Aufgaben ohne viel Abstimmungsbedarf.

Tipp 1: Achten Sie bei der Delegation von Routineaufgaben darauf, dass Sie nicht immer die gleichen Personen mit den gleichen Aufgaben beschäftigen, denn das kann bei MitarbeiterInnen schnell Frust verursachen.

Tipp 2: Führen Sie eine Art Kompetenz-Verzeichnis, in dem Sie sich notieren, welche Ihrer MitarbeiterInnen welche Fähigkeiten haben. Dann wissen Sie im Bedarfsfall schneller, wem Sie welche Aufgaben übertragen können.

Tipp 3: Vermeiden Sie Rückdelegation. Widerstehen Sie der Versuchung die Problemlösung selbst zu übernehmen. Unterstützen Sie Ihre MitarbeiterInnen durch Fragen bei der Lösungsfindung.

Die meisten Führungskräfte scheitern nicht an den Kompetenzen "Klare Anweisung, Zielsetzung mit Termin, Messung und Feedback", sondern am mangelnden Vertrauen und an der Fähigkeit "Menschen zu entwickeln". Delegation bedarf des Vertrauens – und zwar:

1. Ihr Vertrauen in die Person, die eine Aufgabe für Sie erledigen soll und

2. das Vertrauen der Person, die die Aufgabe abgibt, in Sie selbst.

Zum Vertrauen gehört auch, dass Sie nicht oder nur bedingt vorgeben, wie eine Aufgabe zu erfüllen ist. Es gibt immer mehrere Möglichkeiten, zum gewünschten Ziel zu kommen und es motiviert Ihre MitarbeiterInnen sehr, wenn Sie ihnen zutrauen, die Aufgabe in ihrer eigenen Weise zu erledigen.

Delegieren bedeutet immer auch ein Stück Kontrolle abzugeben. Ihr Vertrauen macht es der anderen Person deutlich leichter, ein Stück Verantwortung zu übernehmen und auch eigenverantwortlich zu handeln. MitarbeiterInnen spüren es, wenn Sie ihnen nicht zutrauen, dass sie die Aufgabe erledigen können. Menschen verhalten sich entsprechend dem Vertrauen, das ihnen entgegen gebracht und im Idealfall sogar klar ausgesprochen wird. Es entsteht ein psychologischer Sog – niemand möchte das in ihn gesetzte Vertrauen enttäuschen. Wenn Delegieren scheitert, dann nicht an den Werkzeugen oder den Techniken – sondern an der Haltung. (Sonja Schloemmer, 12.7.2019)