Foto: Oper im Steinbruch / Armin Bardel

Dieser Papageno ist anders: ein Huckleberry Finn aus dem Berliner Umland, mit Strohhut und zerrissenen schwarzen Jeans. Und ein moderner Mann, der auch mal weinen kann. Eine Plaudertasche ist der schräge Vogel geblieben, grüßt die drei Damen als "Mädels" und stellt sich in James-Bond-Manier vor: "Mein Name ist Geno. Papa Geno." Max Simonischek darf sogar seine Nöte artikulieren, als Schauspieler singen zu müssen: "Da fuchtelt einer herum, und ich muss auch noch Töne treffen!" Der 36-Jährige trifft sie und bringt in der Nachfolge von Figurenschöpfer Emanuel Schikaneder normalmenschlichen Singcharme in die Unternehmung ein.

Doch auch abgesehen vom berühmtesten Vogelfänger aller Zeiten und den auf gegenwartsnahe Comedy umfrisierten Sprechtexten ist in dieser von Carolin Pienkos und Cornelius Obonya umgemodelten Zauberflöte auch die finale Botschaft neu. Das regieführende Ehepaar blendet den Artikel 1 der UN-Menschenrechtskonvention ein, und Sarastro bekommt nach den zahllosen frauenfeindlichen Statements seiner Priesterkaste im Finale den Auftrag, "den ewigen Kampf um die Vorherrschaft der Geschlechter" zu beenden: Der Hohepriester der Vernunft soll der Königin der Nacht die Hand reichen. Das tut er eher skeptisch.

Stimmungsvoll

Ja, im Römersteinbruch von St. Margarethen wird nach einer einjährigen Pause und einer Vergleichszahlung des Landes Burgenland in der Höhe von 800.000 Euro an die Betreiber also wieder Oper gespielt. Große Teile des Budgets wurden wohl in das wundervoll wundersame Bühnenbild investiert: Sind die kreisförmig um ein großes Loch gruppierten weißen Globen "ein irgendwo im All schwebender Steinbruch" (Obonyas Deutungsvorschlag)?

Mit präzisen, stimmungsvollen Videoprojektionen bestrahlt, wird Raimund Bauers Blasenbau zu einer dermaßen beeindruckenden Schau, dass reihum entzückt die Fotografiertelefone gezückt werden. Die Projektionen entschädigen dafür, dass auf der riesigen Bühne nur ein schmales T-förmiges Areal bespielt werden kann, was die Verhältnisse bei den Chorszenen eng und statisch werden lässt. Immerhin reicht der Platz dafür, dass die drei silberglänzenden Knaben auf speerbewehrten Segways ihre Kreise ziehen können. (Die Kostüme von Gianluca Falaschi sind übrigens fantastisch.)

Gutes Ensemble

Und die Sänger? Machen es gut. Attilio Glaser singt einen Tamino mit weich schwingendem Timbre (inklusive heldischer Emphase), Ana Maria Labin fasziniert als Pamina mit einer runden, sinnlichen Höhe. Luke Stoker bietet als Sarastro einschläfernden Wohlklang, Theresa Dax weckt als arthritische Papagena mit ihrem kecken Spiel wieder auf. Danae Kontora (Königin der Nacht) merkt man im ersten Akt die Premierennervosität noch an, engagiert Keith Bernard Stonums Monostatos, homogen die drei Damen.

Dirigent Karsten Januschke und das Orchester der Budapester Philharmonischen Gesellschaft werken unauffällig und zuverlässig im Hintergrund. Ehemalige Regierungsmitglieder und gut 4.000 Normalmenschen zeigen sich in einer kühlen pannonischen Sommernacht von alldem erwärmt. (Stefan Ender, 11.7.2019)