Die Grazer Terrassenhaussiedlung sogt seit ihrer Fertigstellung in den 1970er-Jahren für Diskussionen. Vielen gefällt der Betonbau bis heute nicht. Das Projekt war trotzdem maßgeblich. Es war Vorläufer des "Modell Steiermark". Architekten wollten damals dem Massenwohnungsbau etwas entgegensetzen und künftigen Bewohnern ein Mitbestimmungsrecht geben.

Im Bild: Terrassenhaussiedlung in Graz, Architekten: Werkgruppe Graz

Foto: Andrea Singer

In Kooperation mit der Landespolitik, die sich von der Kreisky-Regierung in Wien abheben wollte, entstand das "Modell Steiermark". Damit wurden 28 partizipative Projekte umgesetzt – nicht nur in Graz, sondern, als Alternative zum Einfamilienhaus, auch auf dem Land. Die Wohnbauforscherin Andrea Jany hat für ihre Dissertation die Zufriedenheit der Bewohner erhoben: Sie sind selbst heute noch zufriedener als die Bewohner konventioneller Wohnbauten.

In Janys soeben erschienenen Buch werden die Projekte vorgestellt. Das erste war die 1983 bezogene Papageiensiedlung in Markt Hartmannsdorf. Nachdem eine Fachjury eine Auswahl getroffen hatte, durften die Wohnungswerber das Siegerprojekt küren.

Im Bild: Papageiensiedlung in Markt Hartmannsdorf, Architekt: Irmfried Windbichler

Foto: Andrea Singer

Auch bei den anderen Wohnbauten wurde auf Mithilfe gesetzt: Um Baukosten zu reduzieren wurde beispielsweise Eigenleistung der künftigen Bewohner verlangt. Sie durften in vielen Fällen die Grundrisse mitgestalten, manchmal sogar die Fassaden. In vielen Projekten kümmern sich die Bewohner bis heute um Erhaltungsmaßnahmen.

Im Bild: Wohnbau Apfelbaumgarten Wildon, Architekt: Hubert Rieß

Foto: Andrea Singer

Nicht alles hat funktioniert. Mancher einst gegründete Verein der Bewohner ist heute nicht mehr existent. Bei einigen Projekten gibt es Baumängel. Der Mehraufwand für die Architekten war zudem enorm.

Im Bild: Wohnbebauung Mautern, Architekten: Riegler Riewe

Foto: Andrea Singer

1991 verlor die ÖVP ihre absolute Mehrheit im steirischen Landtag, der nachfolgende für Wohnbau zuständige FPÖ-Landesrat beendete das Experiment mit dem Satz: "Die Grazer Schule hat jetzt Ferien." Sie sind nun vorbei: Aktuell wird in Eggersdorf das Projekt Koowo – kurz für Kooperatives Wohnen – besiedelt. Für Jany tut sich damit ein neues Forschungsprojekt auf. Sie hofft auf viele weitere. (zof, 20.7.2019)

Andrea Jany: Experiment Wohnbau. Die partizipative Architektur des Modell Steiermark. 29,80 Euro / 200 Seiten. Jovis, 2019.

Im Bild: Wohnbebauung Hausmannstätten, Architekten: Helmut Croce, Ingo Klug

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