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Vorerst geschlagen: US-Präsident Donald Trump und Justizminister William Barr.

Foto: Reuters / Kevin Lamarque

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Volkszählungen finden in den USA nur alle zehn Jahre statt, die Ergebnisse haben große politische Relevanz.

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Washington – US-Präsident Donald Trump hat sich in einer von ihm für entscheidend erklärten Frage geschlagen gegeben. Nach einem langen Rechtsstreit will er bei der US-Volkszählung im Jahr 2020 nun doch nicht die Staatsbürgerschaft der Befragten erheben lassen. Allerdings unterzeichnete er eine Verordnung, die vorsieht, die Staatsbürgerschaft der US-Einwohner "auf andere Art" zu erheben. Bundesbehörden sollen dazu angehalten werden, diese separat vom Zensus herauszufinden und die Daten an das Weiße Haus zu übermitteln.

Im Kern des langen Streits geht es um die Frage, ob bei der Volkszählung im kommenden Jahr nach der Staatsbürgerschaft gefragt werden darf. Dabei gibt es politische, aber auch juristische Fragen, die Trump offenbar nicht ausreichend klären konnte.

Politisch geht es darum, dass Trump die Frage unbedingt gestellt wissen will. Zwar sollen per Gesetz alle Einwohner – also auch Nicht-US-Bürger – erfasst werden. Trump erhofft sich aber, dass Letztere sich aus Furcht vor einer Abschiebung nicht trauen, daran teilzunehmen.

Republikanische Wahlhilfe

Das würde den Republikanern in Wahlkreisen helfen, in denen zum Beispiel viele Latinos wohnen, die bisher verlässlich demokratisch wählen. Werden die Einwanderer nicht mitgezählt, verschieben sich die Wahlkreisgrenzen so, dass unter Umständen mehr weiße US-Amerikaner mitstimmen. Diese votieren erfahrungsgemäß eher für die Republikaner. Bei knappen Rennen kann das zum Sieg verhelfen.

Außerdem entscheidet die Bevölkerungszahl über die Verteilung von Geld der Bundesregierung und über die Anzahl der Wahlmänner für einzelne Bundesstaaten. Auch hier wäre damit zu rechnen, dass mehrheitlich demokratische Einwanderungsgebiete wie Kalifornien zu den Verlierern zählen. Zudem erhofft sich Trump von der Zählung Munition für seine Anti-Einwanderungs-Kampagne bei der Wahl 2020. Weil eine Volkszählung nur alle zehn Jahre stattfindet, haben die Ergebnisse große politische Relevanz.

Trump gegen Höchstgericht

Der Oberste Gerichtshof hatte im Juni nach Klage der Bürgerrechtsgruppe ACLU und demokratisch geführter Staaten entschieden, dass bei der Volkszählung nicht nach der Staatsbürgerschaft gefragt werden darf. Dabei ging es um die Frage, wer für die Volkszählung verantwortlich ist – laut Verfassung der Kongress und nicht der Präsident – und um die Argumentation der Regierung.

Eine Fünf-zu-vier-Mehrheit der Richterinnen und Richter hielt Letzere für nicht glaubhaft und entschied de facto, die Regierung habe statt im Landes- im Parteiinteresse gehandelt. Trump wollte anschließend die zuständigen Handels- und Justizministerien dazu anhalten, die Frage trotz des Urteils in die Volkszählung schreiben zu lassen. Dass er nun seine Ansicht ändern musste, wird als Erfolg seiner Gegner gewertet. (Manuel Escher, 12.7.2019)