Bis zu sieben Stunden waren die Rapid-Fans von der Polizei eingekesselt.

Foto: Rechtshilfe Rapid

Wien – Im Match zwischen Rapidfans und der Wiener Polizei steht es derzeit 2:0. Zuerst stellte vor wenigen Wochen der Verfassungsgerichtshof fest, dass ein im Stadion geschwenktes Transparent mit der Aufschrift "ACAB" (Abkürzung für "All Cops Are Bastards") keine Anstandsverletzung, sondern eine gerechtfertigte Meinungsäußerung sei. Und am Freitag urteilte das Wiener Verwaltungsgericht, dass die stundenlange Einkesselung von Fans durch die Polizei größtenteils überzogen gewesen sei. Die nicht rechtskräftig Führung der Rapidler steht allerdings auf wackeligen Beinen, ein Nachspiel in der nächsten Instanz ist recht wahrscheinlich.

Zur Erinnerung: Vor dem Wiener Stadtderby am 18. Dezmber 2018 wurden 1.382 Rapid-Anhänger, darunter auch viele Kinder, stundenlang bei Eiseskälte umzingelt und zur Identitätsfestellung angehalten, weil zuvor während eines sogenannten Fanmarsches einige Fans Kracher, Schneebälle und Getränkedosen auf Österreichs meistbefahrene Autobahn, die Wiener Südosttangente, geworfen hatten. Diese laut Polizei "vorsätzliche Gemeingefährdung" konnte innerhalb von wenigen Minuten entschärft werden. Da sich die mutmaßlichen Täter aber in der Masse verschanzten, bat die Polizei den ganzen Pulk zur Ausweiskontrolle. Und das dauerte insgesamt sieben Stunden.

Fünf Stunden seien noch zumutbar gewesen, entschied nun das Verwaltungsgericht nach 17 Verhandlungstagen. Doch sieben Stunden seien eindeutig zu lange gewesen, hieß es in der mündlichen Urteilsbegründung.

Wegweisungen zu spät

28 Rapidler haben gegen die Polizei Maßnahmenbeschwerden erhoben, 24 davon vertritt Rechtsanwalt Christian Podoschek. Alle, bei denen die Anhaltung sieben Stunden dauerte, bekamen recht. Zehn von Podoscheks Mandanten kamen schon früher aus dem Kessel frei und blitzten vor Gericht ab.

Eine weitere Beschwerde des Anwalts von der Rapid-Rechtshilfe betraf von der Polizei verhängte Wegweisungen. Hier erklärte das Verwaltungsgericht 21 von 23 Wegweisungen als rechtswidrig, weil zum Zeitpunkt der Verhängung das Fußballspiel längst vorbei war.

Kitik an und von Kickl

Für Rechtsanwalt Podoschek steht fest, dass "die Polizei hochgerechnet in hunderten Fällen rechtswidrig gehandelt hat". Die meisten Betroffenen hätten aber eben den Gang vor Gericht und das damit verbundene Kostenrisiko nicht gewagt, so Podoschek im Gespräch mit dem STANDARD. Er erinnerte auch an die Aussage des damaligen Innenministers Herbert Kickl (FPÖ), wonach die Vorschriften bezüglich solcher Anhaltungen "auf Punkt und Beistrich" eingehalten worden seien. "Knapp vorbei ist auch daneben" , so Podoschek.

Kickl selbst äußerte am Freitag Unverständnis für das Urteil. "Die Fans haben die polizeiliche Maßnahme ihrem eigenen völlig unangebrachten und teilweise schwer rechtswidrigen Verhalten zuzuschreiben, denn wären sie bei der Identitätsfeststellung kooperativer gewesen, hätte die Aktion bei weitem nicht so lange gedauert", so Kickl. Dies jetzt der Polizei zum Vorwurf zu machen, sei "einigermaßen bizarr".

Kritik an Rapid-Fans

Das Verwaltungsgericht sparte aber auch nicht mit Kritik an Rapid-Fans. Sie hätten von Anfang die Polizei provoziert und während des Marsches schon am frühen Nachmittag ihre Dominanz demonstriert, indem "circa 50 Personen gegen eine Wand des Amalienbades urinierten", führte Verwaltungsrichter Wolfgang Helm aus. Spätestens nach der gefährlichen Situation bei der A23 seien Identitätsfeststellungen grundsätzlich gerechtfertigt gewesen.

Dass eine Anhaltung von bis zu fünf Stunden (an dem Tag bis 20.30 Uhr) bei Minustemperaturen in Ordnung gewesen sei, begründete der Richter damit, dass Fußballfans sonst auch so lange in kalter Umgebung ausharrten.

Das schriftliche Urteil wird in einigen Wochen erwartet. (Michael Simoner, 12.7.2019)