Ich sag Klima, ihr sagt Schutz!", skandierten die Klima-Kids bei ihren Fridays-for-Future-Demos. In den Parteizentralen, Parlamenten und Regierungssitzen singen sie den Slogan eifrig nach. Soll noch einer sagen, Politiker reagierten nicht auf die Wünsche der Bevölkerung! Entsprechende Umfragen tun ein Übriges: Kaum eine Politikerrede kommt noch ohne das feierliche Bekenntnis zum Klimaschutz aus. Ursula von der Leyen zum Beispiel, die EU-Kommissionspräsidentin werden will, gab sich vor dem Europäischen Parlament alle Mühe, den Klimaschutz zur "Priorität A" ihrer (möglichen) Amtszeit zu erklären. Viel konkreter wurde sie aber nicht. Das darf nicht verwundern: Wer den Klimaschutz beschwört, gewinnt Sympathien – wer konkrete Maßnahmen setzt, verliert sie wieder. Das ist ungünstig bei Wahlen.

In Deutschland gab es dazu reichlich Anschauungsunterricht: Zwar finden die meisten, dass man rasch auf die schmutzige Kohle verzichten sollte. Doch daran hängen auch Arbeitsplätze. Andere wiederum sehen bei einem zu schnellen Aus die Versorgungssicherheit in Gefahr. Also musste in mühsamer Arbeit ein Kompromiss gefunden werden, und dieser sieht den Ausstieg dann eben doch erst 2038 vor.

Noch drastischer war das Echo auf die erste "Energiewende"-Maßnahme des französischen Präsidenten Emmanuel Macron: Die Verteuerung von Diesel führte zu gewalttätigen Gelbwestenprotesten, die Frankreich über Monate in Atem hielten.

Risiken und Nebenwirkungen einer Ökowende

Ein Beispiel aus Österreich: Als die grüne Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou bezirksweise das Parkpickerl einführte, um vor allem den Einpendlerverkehr in die Bundeshauptstadt einzudämmen, war sie zeitweise die unbeliebteste Person in der Wiener Stadtregierung.

Fridays-for-Future-Demonstration am Heldenplatz in Wien.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Die unbequeme Erkenntnis: Es gibt keinen Klimaschutz zum Nulltarif. Die am schnellsten wirksame Maßnahme gegen den CO2-Ausstoß ist die Einschränkung des Auto-, Lkw- und Flugverkehrs – oder dessen empfindliche Besteuerung, um die Entwicklung alternativer Antriebe zu finanzieren. Eine solche Politik weiß zwar die Rad- und Öffi-Fahrer, die Fußgänger und Bahnfans auf ihrer Seite – hat aber zwangsläufig die Auto- und Luftfahrtindustrie gegen sich. Den Ausbau des öffentlichen Verkehrs finanzieren letztlich alle Steuerzahler, auch das muss man argumentieren, durchsetzen und auch politisch durchstehen.

Dazu kommt, dass jeder Systemumstieg Tücken birgt. Risiken und Nebenwirkungen einer Ökowende lassen sich höchstens abschätzen – genau berechenbar sind sie nicht.

Daher ist auch der österreichische Wahlkampf gespickt mit vagen Ankündigungen: Die Förderung der Wasserstoffforschung tut einstweilen niemandem weh – die kommerzielle Nutzung des flüchtigen Gases als Treibstoff ist eine Utopie. Der ohnehin schon erhitzte Planet bräuchte allerdings Sofortmaßnahmen – und die wären auch sofort spürbar.

Die Einführung einer CO2-Steuer etwa verteuert das Tanken, das muss man klar sagen. Ebenso klar muss man politisch erklären, warum man dagegen ist – und was man stattdessen tun will. Was es auch sei: Jede Maßnahme wird zusätzlich Geld kosten, jede Umstellung anfangs unbequem sein. Alle Spitzenkandidaten, die sich nun wortreich zu einem "ehrlichen Wahlkampf" bekennen, mögen beim Klimaschutz anfangen und Österreichs Bürgern die unbequeme Wahrheit sagen. Klimaschutz gibt's nicht zum Nulltarif. (Petra Stuiber, 13.7.2019)