Macht Moral Politik? Diese Frage stellt die Zeitung "Addendum" in ihrer aktuellen Ausgabe. Mit einer Antwort darauf versucht sich auch Politikberater Tal Silberstein, in Österreich spätestens seit dem SPÖ-Wahlkampf 2017 kein Unbekannter mehr. Er geht unter anderem auf die Debatte um das Ibiza-Video ein, in der der nunmehrige ÖVP-Chef Sebastian Kurz "mit dem Finger auf mich" zeigte, so Silberstein. Im Folgenden Auszüge:

"Vorweg möchte ich festhalten, dass ich absolut nichts mit dem Ibiza-Skandal zu tun hatte. Zum ersten Mal habe ich von der Sache gehört, als das Video in den deutschen, österreichischen und internationalen Medien veröffentlicht wurde. (...)

Dunkle Gefühle

Vor fast zwanzig Jahren attackierte Jörg Haider die Berater 'von der Ostküste' und bezog sich damit auf Stanley Greenberg und mich, als wir Bürgermeister Häupl und die SPÖ beim Wiener Wahlkampf unterstützten. Genau die Methode nützt auch Viktor Orbán seit einem Jahrzehnt in Ungarn, um George Soros zu dämonisieren. Ich bin jetzt für Kurz, was Soros für Orbán ist – der leibhaftige Dämon. Ich habe zwar keinerlei Gemeinsamkeiten mit George Soros, aber wir sind zufällig beide Juden, wir sind beide Ausländer. (...)

Die Idee, mich auch im Zusammenhang mit dem Ibiza-Skandal ohne jegliche Belege zum Staatsfeind zu machen, spricht leider tiefe, dunkle Gefühle an, die in einigen Teilen der Gesellschaft verwurzelt sind; Gefühle, die Kurz im Zuge der bevorstehenden Wahlen auch gezielt bedienen möchte. Wer etwas anderes behauptet, ist einfach naiv oder nicht ehrlich.(...)

Tal Silberstein in "Addendum".
Foto: der standard

Drei Prinzipien

Wenn es um Politik geht, ist es manchmal notwendig, einen Akzent zu setzen, in gewisser Weise zu übertreiben, um einen Punkt zu machen. Aber es ist nicht erlaubt zu lügen oder Dinge zu erfinden. Es gibt drei Prinzipien, bei denen ich nie Kompromisse eingegangen bin und die ich in meinen Kampagnen nie angewendet habe: Das Erste ist zu lügen. Das Zweite besteht darin, Fakten zu erfinden, die es nicht gibt. Und das Dritte ist, das persönliche Leben der Gegner anzugreifen. Hier ziehe ich meine eigene rote Linie (...) selbst wenn ich überzeugt davon bin, dass die andere Seite unmoralisch ist oder keine dieser Prinzipien befolgt." (12.7.2019)