Tja, die Jobwelt ist brutal – auch mit Robotern, die nicht wie gewünscht funktionieren.

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Roboterkellner, Roboterjournalisten, Roboteranwälte – es gibt kaum noch ein Berufsfeld, das nicht von den Folgen der Automatisierung betroffen wäre. Roboter, so das Versprechen, arbeiten präziser, werden nicht müde, machen keine Fehler, fordern keine Lohnerhöhung und streiken nicht. Allein, dieses Effizienzversprechen scheint sich nicht immer einzulösen. Zu Jahresbeginn wurde bekannt, dass in dem japanischen Themen-Hotel Henn na mehr als die Hälfte der Roboter entlassen wurden.

Das weltweit erste "Roboter-Hotel" hatte 2015 unter großem Interesse der Öffentlichkeit seine Pforten geöffnet. Gäste konnten rund um die Uhr bei einem Roboter einchecken, Service-Roboter brachten Getränke und Gepäck aufs Zimmer. Saug- und Putzroboter erledigten den Job von Reinigungskräften.

Sie machen mehr Arbeit

Doch anstatt dem menschlichen Personal Arbeit abzunehmen, produzierten die Robo-Butler Mehrarbeit. Die Robotik war schlicht nicht so ausgereift, um als adäquate Service-Kraft zu fungieren. Die Gäste beschwerten sich, dass der virtuelle Assistent "Churi" ihre Fragen nicht beantwortete. Laut einem Bericht des "Wall Street Journal" soll ein Hotelgast sogar alle paar Stunden von einem Roboter geweckt worden sein, weil dieser das Schnarchen für Fragen hielt. Das Hotel-Management sah sich daher gezwungen, die Roboter aus dem Verkehr zu ziehen.

Ironie der Geschichte: Die Roboter werden nun durch menschliche Angestellte ersetzt. Es ist nicht das erste Mal, dass Roboter wegen ihrer Ineffizienz aussortiert werden. In einer Filiale der schottischen Supermarktkette Margiotta in Edinburgh wurde ein Roboter nach nur einer Woche bereits wieder entlassen. Der Service-Roboter Pepper, der von dem japanischen Unternehmen SoftBank produziert wird und auf Kreuzfahrtschiffen und in Einkaufszentren zum Einsatz kommt, sollte den Kunden dabei helfen, Waren oder Sonderangebote zu finden. Doch der Roboter machte seinen Job nicht so gut wie gedacht.

Auch Pepper muss noch viel üben

So lieferte er Kunden dubiose Informationsquellen ("Danke, Internet") und legte ein unangemessenes Verhalten an den Tag. Zum Beispiel rief er "Hallo, wunderhübsch!" oder setzte mit seinen Greifarmen zu einem "High Five" an, was bei der Kundschaft gar nicht gut ankam. Die Folge: Die Kunden machten einen großen Bogen um den Roboter. Auch in Sachen Produktivität blieb der Roboter hinter den Erwartungen zurück. Während die menschlichen Supermarktangestellten in der Fleischwarenabteilung jede Viertelstunde zwölf Kunden ein Häppchen anboten, brachte es Pepper in der gleichen Zeit lediglich auf zwei Kunden.

Auch Pepper muss noch üben – es bot zwei Kunden pro Viertelstunde ein Häppchen an. Menschen brachten es im selben Zeitraum auf zwölf Kunden.

Bereits 2016 waren in einem Restaurant im chinesischen Guangzhou Roboterkellner gefeuert worden, weil sie Chaos in der Küche produzierten. "Die Roboter waren nicht in der Lage, eine Suppe oder andere Gerichte stabil zu tragen und brachen häufig zusammen. Der Chef hat daher entschieden, sie nicht mehr einzusetzen", zitierte die Zeitung Workers’ Daily einen Mitarbeiter des Restaurants. Auch konnten die grobmotorischen Roboter keine Bestellungen aufnehmen oder Essen unfallfrei auf den Tisch platzieren.Der Dienstleistungsroboter kostete 7.700 US-Dollar in der Anschaffung. Laut dem Portal "Salary Expert" kommt ein Kellner in Guangzhou auf einen Jahresbruttoverdienst von 51.500 Yuan, das sind umgerechnet 7.300 US-Dollar.

Das heißt, der Roboter müsste bis zu seiner Amortisierung mindestens ein Jahr in Betrieb sein. Doch gemessen daran, dass der Roboter immer wieder aufgerichtet werden musste und Essen fallen ließ, bedeutete seine Anschaffung eher einen Produktivitätsverlust als einen Produktivitätsgewinn.

Mensch mimt Maschine

Immerhin: Einen Roboter kann man von der einen auf die andere Minute kündigen, indem man ihn einfach abschaltet.Während Künstliche Intelligenz immer menschenähnlicher wird, mechanisiert sich der Mensch zunehmend selbst. Immer mehr Firmen greifen auf sogenannte "Pseudo-KI" zurück, um die Schwächen ihrer KI zu bemänteln. Beim Start-up X.ai, das einen virtuellen Büroassistenten entwickelt hat, waren die menschlichen Mitarbeiter gehalten, roboterhafte Antworten zu schreiben, um den Eindruck zu erwecken, dass wirklich ein Bot am anderen Ende der Leitung sitzt. Der Mensch mimt eine Maschine. Ein gigantischer Bluff.

Die Fallbeispiele sind insofern interessant, als Automatisierung eben keine lineare Entwicklung ist, bei der Menschen von Robotern ersetzt werden. Vielmehr kehrt sich die Entwicklung dialektisch um: Roboter werden durch Menschen ersetzt. Man kann dies im Kleinen, im Supermarkt oder beim Bäcker um die Ecke beobachten, wenn der Kassenautomat wieder abgeschafft wird, weil er häufig defekt ist oder der menschliche Kassierer doch schneller sortiert. Bis Service-Roboter über die nötige Sensorik und Sprachqualitäten verfügen, wird der Mensch wohl noch immer die billigere Sortier- und Rechenmaschine sein. (Adrian Lobe, 15.7.2019)