Harri Stojka – Psycho Guitar
Auf den CD-Beginn, wenn Harri Stojka ohne Umschweife loslegt, sollten Sie innerlich gefasst sein. Die Musik schlägt ein, der Wiener Gitarrist schießt seine Tonkaskaden in einer Geschwindigkeit ab, dass sie zu wildem Sound zusammenschmelzen. Danach wird es nur um Nuancen sanfter. Gerade vom expressiven Zugriff auf das Repertoire auch des Jazzrock rührt jedoch der Charme der Neuheit. Zumeist im Duo mit Drummer Alex Deutsch wandert Stojka von Miles Davis (deftig bluesig: Jean-Pierre) zu Stratus von Billy Cobham. Ein Ausnahmevirtuose geht an die Grenzen des Expressiven. Aufwühlend.
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CBSO – Weinberg
Auch dank Geiger Gidon Kremer ist die Musik des polnisch-jüdischen Komponisten Mieczyslaw Weinberg, der in der Sowjetunion zu leben und zu leiden hatte, bekannt. Nun ist Kremer Teil eines symphonischen Projekts: Mit Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla und dem City of Birmingham Symphony Orchestra interpretiert er Weinbergs sich Vertreibung und Holocaust widmender 21. Symphonie, die den Titel Kaddish trägt. Es ist suggestiv klagende und betende Musik, die spätromantische Tiefen besitzt. Dank der eindringlichen Interpretation, von der auch Weinbergs Zweite profitiert, wird dies offenbar.
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Collegium Vocale Gent – Purcell
Dirigent Philippe Herreweghe ist einer der erfahrensten Köpfe der historisch informierten Aufführungspraxis. Er ist schon bis zu Anton Bruckner vorgedrungen. Allerdings kommt seine Könnerschaft noch immer am deutlichsten beim Barock zum Ausdruck. Zusammen mit dem Collegium Vocale Gent liefert er u. a. Henry Purcells Funeral Sentences (Harmonia Mundi) als in Klarheit gehüllte Beispiele vokaler Melancholie. Purcell hat die Musik anlässlich des Todes von Königin Maria II. geschrieben. Das feinsinnige Werk mit seiner diskreten Poesie des Abschieds wird denn auch intim zelebriert. (tos, 16.7.2019)