Es sind die üblichen Verdächtigen. Am vergangenen Wochenende hat der französische Präsident Emmanuel Macron angekündigt, ein eigenständiges Weltraumkommando einzurichten, um sich speziell gegen potenzielle Gefahren im und aus dem All zu wappnen. Die USA haben selbiges im vergangenen Herbst für 2020 in Aussicht gestellt, China hat schon länger eines.

China, die USA, Russland und Indien haben bereits einen eigenen Satelliten abgeschossen. Über die Möglichkeit, vom eigenen Territorium aus Satelliten zu starten, verfügen darüber hinaus nur Frankreich, Japan, China, das Vereinigte Königreich, Israel, die Ukraine, der Iran, Nord- und Südkorea sowie Neuseeland.
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Bei den Russen, Briten und Indern sind die militärischen Weltallfähigkeiten (noch) bei den Luftstreitkräften angesiedelt, doch auch sie werden laufend ausgebaut und modernisiert. Von den top sieben der Staaten mit den höchsten Verteidigungsausgaben fehlt damit lediglich Saudi-Arabien als erwähnenswerte, potenzielle Streitkraft im Outer Space. Ähnlich wie im Iran, aber auch bei den restlichen De-facto-Nuklearwaffenstaaten wie Israel, Pakistan oder Nordkorea, schielen auch die Saudis in Richtung Sterne.

Satelliten sind der Hauptgrund für kommende Auseinandersetzungen im Weltall.
The Economist

Zu beobachten ist derzeit nämlich nicht nur ein Rennen um die Vorherrschaft im Weltall – ausgetragen zwischen den USA, China und Russland –, sondern auch ein Wettlauf um die womöglich letzten Plätze am Tisch der potenziellen Space-Mächte. Der technische Fortschritt führte in den vergangenen Jahren zu einer Demokratisierung des Weltalls. Was früher den absoluten Supermächten vorbehalten war, können heute immer mehr Staaten.

Mehr als 80 Länder brachten bereits Satelliten in die Erdumlaufbahn, immerhin zwölf davon verfügen über die Möglichkeit, dies vom eigenen Territorium aus zu tun. Mit 39 neuen Satelliten brachte China 2018 erstmals die meisten neuen Trabanten in den Orbit. Neben Militär und Forschungseinrichtungen sind es mit Elon Musks Space X oder Jeff Bezos Blue Origin aber immer öfter auch Privatunternehmen, die mit wiederverwertbaren Raketen den Weltraumverkehr verdichten. Im April 2019 umkreisten uns 2.062 Satelliten – Tendenz steigend.

Auch die private Raumfahrt erfuhr mitunter ihre Rückschläge.
CBS Evening News

Komfort und Abhängigkeit

Was der Bevölkerung in erster Linie sehr viel Komfort in Form des Internets, der digitalen Navigation oder der globalen Kommunikation bringt, schafft für die Militärs dieser Welt zusehends Abhängigkeiten. Nicht nur ein Großteil unserer Energieversorgung hängt heutzutage von Satelliteninformationen ab; auch unser gesamtes Geld- und Finanzsystem und die militärische Einsatzfähigkeit fußen darauf. Die Washingtoner Außenpolitikdenkfabrik Center for Strategic and International Studies bezeichnete das Satellitennetz deshalb als die "Infrastruktur unserer Infrastruktur". Und diese gilt es unbedingt zu schützen – einerseits vor feindlichen Angriffen, andererseits vor herumfliegendem Weltallmüll.

Letzterer entsteht etwa bei Unfällen oder durch Auflösungserscheinungen ausgemusterter Satelliten, vor allem aber auch durch den Abschuss selbiger durch Staaten. Bisher haben vier Staaten ihre eigenen Satelliten zu Testzwecken abgeschossen – die USA und Russland bereits während des Kalten Krieges; China 2007 und Indien erst im März dieses Jahres.

Der von Indien zerstörte Satellit wog 740 Kilogramm. Einem Modell zufolge soll sich der Satellit durch die Explosion in mindestens 6.500 Teile, die mindestens 0,5 Zentimeter groß sind, aufgelöst haben.
Analytical Graphics, Inc.

Zwar scheiterte am Montag noch eine Mondmission der aufstrebenden Space-Macht, der erfolgreiche Abschuss eines Trabanten in 300 Kilometer Höhe untermauert dennoch die Ambitionen des zweitbevölkerungsreichsten Landes der Erde. Die verhältnismäßig niedrige Flughöhe des zerstörten Satelliten war dabei ein Kompromiss seitens der Inder, um nicht noch mehr Ärger mit der Uno zu riskieren. Staaten haften nämlich für durch selbstverursachte Schäden, auch hat man sich in einem Übereinkommen sieben Richtlinien zur Vermeidung von Weltallschrott verschrieben.

Mangelnde Rüstungskontrolle

Der Weltraumvertrag von 1967 spricht sich zudem grundsätzlich für eine rein friedliche Nutzung des Alls aus. Er verbietet die Stationierung von Nuklearwaffen in selbigem sowie die Errichtung von Militärbasen auf Himmelskörpern – Rüstungskontrollverträge im eigentlichen Sinne existieren jedoch nicht. Denkbar wären solche Verträge wohl auch nur, wenn sich – ähnlich wie beim Vertrag zur Nichtweiterverbreitung von Nuklearwaffen – eine Gruppe von Staaten, die dazu fähig sind, etwa die fünf permanenten UN-Sicherheitsratsmitglieder plus Indien und der EU, zusammenschließen, um es anderen Staaten zu verbieten, sich selbst zu regulieren und so die ressourcengewaltige Rüstungsspirale einzudämmen. Bis dahin ist die Angst der großen Militärmächte, von potenziellen Gegnern militärisch "blind" gemacht zu werden, zu groß.

Der Schutz der Internationalen Raumstation (ISS) ist eines der Hauptanliegen aller Staaten. Die USA sind hauptverantwortlich für das Aufräumen im All und beobachten permanent mehr als 23.000 Teile. Mittlerweile forschen einige Staaten an verbesserten Möglichkeiten, den Weltallmüll zu beseitigen – angedacht sind etwa auch Netze und Harpunen.
Tech Insider

Eine direkte Zerstörung von Satelliten ist jedoch nur eine denkbare Variante. Grundsätzlich wird unter Militärstrategen von vier plausiblen Space-War-Szenarien ausgegangen, für oder gegen die sich Staaten in nächster Zeit wohl vermehrt rüsten werden. Peking, Washington und Moskau können Satelliten schon heute als sogenannte Schläfer im Erdorbit positionieren, die bei Bedarf zugeschaltet werden können und aktiv andere Satelliten zerstören können. Alle drei forschen zudem an Waffen, die mit Lasern, hochkonzentrierten Mikrowellenstrahlen oder Elektroimpulsen Satelliten stören oder gar zerstören können.

Die dritte Dimension umfasst die Störung, Verschleierung und Verstopfung von Signalen, wozu mitunter heute schon kleine private Forschungseinrichtungen fähig sind. Auch klassische Hackerattacken könnten zusehends zum sensiblen Datenklau und zur Abschaltung von Systemen genutzt werden. (Fabian Sommavilla, 16.7.2019)