Aerogele sind die leichten Feststoffe, die Erdenbewohner je herstellten. Diese hochporösen Materialien mit sehr speziellen Eigenschaften könnten am Mars exzellente Dienste tun.

Dass am Mars nicht gerade lebensfreundliche Zustände herrschen, wissen Filminteressierte spätestens seit Ridley Scotts Erfolgsproduktion "Der Marsianer": Um auf dem Roten Planeten auch nur ein paar Erdäpfel zum Wachsen zu bringen, braucht es ziemlich viel Geschick und Geduld.

Statt mit Glashäusern aus Plastikfolien zu kleckern, könnte man theoretisch auch klotzen – und gleich das gesamte Marsklima weniger unwirtlich machen. Dieses Konzept nennt sich Terraforming und wurde für den Mars erstmals vom US-Astronomen Carl Sagan vor mittlerweile fast 50 Jahren propagiert: Er schlug 1971 vor, sämtliches im Mars-Eis gebundenes CO2 irgendwie in dessen Atmosphäre zu blasen, was zu einer erdähnlicheren Atmosphäre führen würde.

Nasa-Forscher haben diese Ideen im Vorjahr leider widerlegt: Abgesehen von den praktischen Problemen bei der Durchführung würde sich die Mars-Atmosphäre dadurch nur marginal ändern.

Keine Chance auf Terraforming?

Sind damit also alle Hoffnungen begraben, den Mars mittels Terraforming bewohnbarer zu machen?

Nein, behauptet ein Forscherteam um Robin Wordsworth (Harvard University) im Fachblatt "Nature Astronomy". Statt die gesamte Atmosphäre des Roten Planeten zu verändern, schlagen sie lokale Eingriffe vor – und zwar mithilfe eines sehr speziellen Materials namens Silicat-Aerogel. Solche Aerogele, die hochporös und dennoch stabil sind, gelten nicht nur als die leichtesten Feststoffe, sondern zudem auch noch als die besten Isolatoren.

Ein Aerogel als perfekter Wärmeisolator.
Foto: NASA/JPL-Caltech

Würde man bestimmte ausgewählte Flecken der Mars-Oberfläche mit einer zwei bis drei Zentimeter dicken Schicht aus Silicat-Aerogels überziehen, würde das die Bewohnbarkeit des Planeten deutlich erhöhen.

Abgeschaut von der Natur

Die Inspiration dazu kam den Forschern bei der Untersuchung eines Phänomens, das an den Polen unseres Nachbarplaneten schon jetzt ganz natürlich vorkommt. Anders als auf der Erde besteht das Eis dort aus einer Mischung aus gefrorenem Wasser und gefrorenem CO2. Sonnenlicht kann dieses Kohlendioxideis ungehindert passieren, das zugleich als Wärmeisolator fungiert. Aus diesem Grund lassen sich im Marssommer unter dem Eis an den Polen erwärmte Flecken finden.

Ein Teil des Mars-Eises besteht aus Kohlendioxid, das auch im gefrorenen Zustand lichtdurchlässig ist und Wärme isoliert. Das zeigt sich auf diesem Marseis-Foto an den erwärmten schwarzen Flecken. Dieses Phänomen brachte Forscher auf eine verblüffende Idee.
Foto: Harvard Seas

Ganz ähnlich würde eine Schicht aus Silicat-Aerogel Sonnenlicht durchlassen, um den Boden über den Gefrierpunkt zu wärmen, damit darunter Photosynthese möglich ist; zugleich würde diese Schicht die schädliche ultraviolette Strahlung abblocken.

Instruktives Video über die faszinierenden Eigenschaften von Aerogels und ihrer Herstellung.
Veritasium

Auf diese Weise könnte man etwa Wasser ohne weitere Hilfsmittel permanent flüssig halten. Zudem würde sich das Silicat-Aerogel eignen, daraus bewohnbare Kuppeln oder gar ganze Biosphären zu bauen, so die Forscher, die diese Ideen demnächst einmal in hiesigen Regionen mit einem marsähnlichen Klima – wie etwa in der Antarktis – testen wollen. (tasch, 15.7.2019)