Jahrelang haben Soldaten aus den Emiraten in der saudisch geführten Koalition im Jemen gekämpft.

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Der Truppenabbau der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) im Jemen wurde Ende Juni prompt zu einem Zeitpunkt offensichtlich, als die Spannungen mit dem Iran am Persischen Golf bis hin zur Kriegsgefahr stiegen: Dennoch, meint etwa Elizabeth Dickinson von der International Crisis Group per Twitter wie fast alle Experten, ist der Rückzug der VAE aus dem Jemen-Krieg nicht etwa der neuen Golfkrise geschuldet, sondern entspricht einer langfristigen Strategie Abu Dhabis und läuft auch schon länger.

Anders als Saudi-Arabien, für das die Auseinandersetzung mit den Iran-gestützten Huthi-Rebellen eine tiefgehende ideologische Frage ist, verfolgen die VAE im Jemen ganz konkrete Ziele: einerseits die Eindämmung der Huthis, die 2014 die jemenitische Hauptstadt Sanaa einnahmen; andererseits die Bekämpfung von islamistischen Extremisten und die Wahrung der emiratischen Interessen im Süden des Jemen.

In der Hafenstadt Hodeidah an der Westküste des Jemen haben die VAE mit dem Uno-vermittelten Huthi-Abzug – der verspätet, unter schwierigen Umständen, aber letztlich doch stattfand – ein wichtiges Ziel erreicht. Die Häfen in und bei Hodeidah können nicht mehr von den Huthis für Waffenschmuggel benützt werden. Das erlaubt Abu Dhabi, seine Strategie von "Militär zuerst" in "Frieden zuerst" umzuformulieren.

Die Jemeniten übernehmen

Die Realität ist etwas prosaischer: Die VAE haben im Jemen etwa 50.000 Jemeniten trainiert und ausgerüstet, die nun die emiratischen Agenden übernehmen. In der von den Huthis befreiten zentralen_Provinz Marib sind bereits alle VAE-Soldaten abgezogen, in Hodeidah etwa 80 Prozent. Aber auch in der südlichen Hafenstadt Aden wird die Präsenz zurückgefahren. Damit einher geht auch eine Truppenreduktion in der emiratischen Militärbasis Assab in Eritrea. Nur die Al-Kaida-Hotspots, wie al-Mukalla oder Shabwa im Süden, sollen offenbar noch länger direkt kontrolliert werden. Verlässliche Zahlen über die frühere und derzeitige Truppenpräsenz gibt es nicht, die VAE haben auch ausländische Söldner im Jemen-Krieg bezahlt.

Auf der strategisch wichtigen Insel Sokotra im Arabischen Meer sind Anfang Juli VAE-gesponserte jemenitische Truppen eingezogen: von einem Teil der Bewohner freudig begrüßt, nicht nur, weil die VAE in Sokotra Hilfe leisten und investieren, sondern auch, weil die VAE als Garant dagegen gelten, dass sich die jemenitische Muslimbruderpartei Islah festsetzt. Andere Jemeniten sprechen aber sogar von einer VAE-Besatzung Sokotras.

Hier unterscheiden sich schon des Längeren die Interessen der VAE und Saudi-Arabiens. Riad unterstützt den schwachen jemenitischen Präsidenten Abd Rabbo Mansur Hadi weiter, den VAE ist er zu muslimbruderfreundlich. Im Süden kommt es sogar zu Zusammenstößen zwischen Hadi-treuen jemenitischen Soldaten und VAE-unterstützten Gruppen, darunter auch Separatisten.

Seite an Seite gekämpft haben die Emiratis und die Saudis im Jemen eigentlich nie: In Hodeidah etwa hatten die VAE-Truppen die saudischen abgelöst. Saudi -Arabien ist jedoch der Führer der Allianz, die im März 2015 in den Jemen-Krieg eingriff, nachdem die Huthis die Hafenstadt Aden erobert hatten.

Die Geister scheiden sich

Abu Dhabi und Riad beschwören dennoch ihre Einheit auch im Jemen, der VAE-Rückzug sei mit saudischem Einverständnis erfolgt, heißt es. Aber auch im Umgang mit der jüngsten Golfkrise mit dem Iran gibt es Differenzen. Das wurde klar, als der emiratische Außenminister in einem Statement Ende Juni davon Abstand nahm, den Iran als Urheber der Attacken auf Öltanker vor der Küste Fujeirahs – eines der Emirate der VAE – zu beschuldigen.

In den VAE ist wohl das Bewusstsein gewachsen, dass sie in einer direkten Konfrontation mit dem Iran an vorderster Front stehen würden: eine Katastrophe vor allem für Dubai, den Nabel der emiratischen Wirtschaft abseits des Öls. Aber das gilt auch für den Konflikt im Jemen und die Attacken der Huthis auf ihre Nachbarn mit Drohnen und Raketen.

Gerüchteweise gab es zuletzt eine wachsende Unzufriedenheit unter den Führern der anderen Emirate (Dubai, Sharja, Ras al-Khaima, Fujaira, Ajman, Umm al-Qaiwain) über den Kurs, den der De-facto-Herrscher der VAE, der Kronprinz von Abu Dhabi Mohammed bin Zayed Al Nahyan, eingeschlagen hat. Dessen Politik hat die VAE zum regionalen Spieler gemacht, ist aber riskant. (Gudrun Harrer, 16.7.2019)