Die Ursachen einer Herzmuskelerkrankung können vielfältig sein.

Foto: Getty Images/iStockphoto

An der Medizinischen Universität Wien und dem AKH Wien wurde ein neuartiges Gerät zur Stärkung des geschwächten Herzmuskels bei Kardiomyopathie-Betroffenen erstmals weltweit im Rahmen einer Studie erfolgreich eingesetzt.

Ein implantierter Impulsgeber trainiert den Herzmuskel mit Mikrostrom und soll zur Regeneration geschädigter Herzmuskulatur führen, teilte die MedUni Wien am Dienstag mit.

Viele Ursachen

In Europa sind derzeit rund 20 Millionen Menschen, also etwa zwei bis drei Prozent der erwachsenen Bevölkerung, von einer systolischen Herzinsuffizienz betroffen. Bei der sogenannten "dilatativen Kardiomyopathie" vergrößert sich der Herzmuskel krankhaft und kontraktiert nicht mehr ausreichend.

Dafür kann es vielfältige Ursachen geben. Die Herzmuskelerkrankung kann angeboren sein, als Folge von Entzündungen auftreten, toxische Ursachen haben oder als Folge des Alterungsprozesses auftreten. In manchen Fällen ist die Ursache auch unbekannt.

Die derzeitige Behandlung versucht durch optimale medikamentöse Therapie, die Patienten möglichst lange zu stabilisieren. In weiterer Folge kann mit einer apparativen Unterstützung wie speziellen Schrittmachersystemen (CRT, BAROSTIM) eine Stabilisierung erzielt werden.

Dringender Bedarf

Als letzte Maßnahme vor der terminalen Herzinsuffizienz steht der biologische oder mechanische Organersatz zur Verfügung. Es kommt also zu einer Herztransplantation oder zum Einsatz einer herzunterstützenden Pumpe, eines sogenannten "Kunstherzens".

Während allein an der Universitätsklinik für Innere Medizin II der MedUni Wien jährlich etwa 400 Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz chronisch betreut werden, können an der Universitätsklinik für Chirurgie der MedUni, beziehungsweise am AKH jährlich nur rund 40 bis 50 Herztransplantationen und ebenso viele Implantationen von herzunterstützenden Pumpen durchgeführt werden. Es besteht damit dringender Bedarf an neuen Therapieformen.

Anregender Strom

Ein neu entwickelter Mikrostromapplikator wurde nun erstmals an der Klinischen Abteilung für Herzchirurgie der MedUni und des AKH im Rahmen einer Studie in einem Menschen erfolgreich eingesetzt.

Die Eingriff erfolgt minimal-invasiv. Mit zwei kleinen Schnitten wird das Gerät unter Vollnarkose implantiert. Eine Elektrode liegt als "Patch" großflächig außen am Herzmuskel an, die andere Elektrode sitzt in der Herzkammer. Ein kleines vollimplantiertes Gerät gibt dann Mikrostrom ab, stimuliert die betroffenen Herzmuskelzellen und regt diese zur Regeneration an.

"Es geht darum, die Pumpfunktion des Herzens so zu verbessern, dass wir den Patientinnen und Patienten eine Transplantation ersparen oder zumindest möglichst lange hinauszögern können", erklärt Studienleiter Dominik Wiedemann von der Klinischen Abteilung für Herzchirurgie.

Anzeichen für Regeneration

Diese Methode ist für Menschen gedacht, bei denen die medikamentösen und sonstigen apparativen Therapieoptionen ausgereizt sind, die aber noch nicht dringend eine herzunterstützende Pumpe oder eine Transplantation benötigen.

Die nun erfolgte Übertragung in klinische Studien am Menschen innerhalb des gleichen Hauses beschleunigt den Entwicklungs- und Zulassungsprozess. Der erste damit behandelte Patient zeigte nach drei Monaten erste Anzeichen für eine gute Regeneration, es wird nun untersucht, ob diese eine ausreichende klinische Relevanz zeigt.

Derzeit werden zusätzlichen Probanden für diese Studie gemeinsam mit Martin Hülsmann von der Klinischen Abteilung für Kardiologie rekrutiert. (APA, 16.7.2019)