Er war ein Megastar seiner Generation: Hermann Buhl gelang vor etwas mehr als 66 Jahren die Erstbesteigung des 8125 Meter hohen Nanga Parbat – mit Pervitin gedopt, im Alleingang. Buhl schrieb damit Alpingeschichte.

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Der 1954 zum Sportler des Jahres gekürte Innsbrucker Alpinist schaffte 1957 die Erstbesteigung eines zweiten Achttausenders, des Broad Peak, ist aber kurz darauf bei einem Wechtenbruch an der 7668 Meter hohen Chogolisa tödlich verunglückt. Sein Grab liegt im ewigen Eis. Das ist der Stoff, aus dem Heldenmythen gestrickt sind.

Alles drehte sich um Hermann Buhl. Was aber war mit seiner Frau Eugenie und den drei kleinen Töchtern? "Papa Lalalaya" sagte das kleine Mädchen Kriemhild, damals eineinhalb Jahre alt, wurde es gefragt, wo sein Vater sei. Das war 1953. 2019 erzählt die Schriftstellerin und Journalistin Kriemhild Buhl, Jahrgang 1951, die älteste der drei Buhl-Töchter, in ihrem Buch die Tragödie der Familie, die im Schatten eines Mythos versucht, das Leben in der bayerischen Ramsau zu bewältigen und eine neue Identität zu finden.

Das Buch ist aber weit mehr als die Story einer Familie mit großem Namen. Es bietet so ganz nebenbei viel Einblick in die Emanzipation von Frauen auf dem Land im tiefschwarzen Bayern in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Vieles klingt aus heutiger Sicht ungewöhnlich, etwa wenn Buhl durchaus mit Augenzwinkern über den Mutter-Tochter-Konflikte beim Thema Minirock schreibt.

Buhl beschreibt auch, wie der Held, ihr früh verstorbener Vater, den weiteren Verlauf ihres Lebens mitbestimmte, obwohl sie bei seinem Tod kaum sechs Jahre alt war. Denn in der Partnerwahl geriet sie immer wieder an eine Blaupause ihres Vaters – auch wenn diese Partnerschaften keine Perspektive eröffneten. (Thomas Neuhold, 16.7.2019)