Diese beiden Frauen am Badesee sind nicht gefährdet, aber Menschen mit geschwächtem Immunsystem und offenen Wunden können sich mit Vibrio vulnificus, Streptokokken oder anderen Bakterien infizieren. Allerdings: Es kommt sehr, sehr selten vor.

Zwei Tage nachdem er an der Küste Floridas baden gegangen war, starb ein 66-jähriger US-Amerikaner. Auch eine Seniorin, die im selben US-Bundesstaat am Strand spazieren gegangen war und sich am Bein verletzt hatte, verstarb vor einigen Wochen.

Die beiden wurden, so heißt es in Medienberichten, von "fleischfressenden Bakterien" befallen. In Wahrheit verstarben sie an der sogenannten nekrotisierenden Fasziitis, die von unterschiedlichen Bakterien ausgelöst werden kann – die aber allesamt strenggenommen nicht "fleischfressend" sind. Diese Bakterien – dazu zählen beispielsweise Streptokokken und Staphylokokken – infizieren vielmehr die Unterhaut und die Faszien und breiten sich über den ganzen Körper aus. Manche Bakterien sondern auch ein Toxin ab, das zum Absterben von Gewebe führt.

Dunkle Blasen auf der Haut

Die Symptome sind bei Betroffenen sehr unspezifisch, sagt Mohammad Manafi vom Institut für Hygiene und medizinische Mikrobiologie der Med-Uni Wien. Innerhalb weniger Stunden schwillt die Haut an, es bilden sich dunkle Blasen. Außerdem kommt es zu starken Schmerzen und Fieber. Wird die Infektion nicht rechtzeitig behandelt, kann es zu einer Blutvergiftung und Organversagen kommen.

Und die Zeit ist knapp: Die nekrotisierende Fasziitis kann innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich werden: "Bis man weiß, welcher Erreger das ist, sind die Patienten schon verstorben." Daher darf der Befund nicht abgewartet werden, sondern es muss umgehend mit der Behandlung durch Antibiotika begonnen werden. Außerdem müssen die bereits befallenen Stellen chirurgisch entfernt werden. In Extremfällen müssen sogar Amputationen durchgeführt werden.

Im medizinischen Fachjournal "BMJ" wurde 2012 der Fall einer 44-Jährigen beschrieben, die sich beim Kartoffelschneiden in den Daumen schnitt – und drei Tage später mit einem stark geschwollenen Daumen, auf dem sich dunkle Blasen gebildet hatten, ins Krankenhaus kam. Ihr Hausarzt hatte eine Entzündung des Zellgewebes diagnostiziert. Dass die Frau in Lebensgefahr schwebte, erkannte man erst im Krankenhaus, wo eine Notoperation eingeleitet wurde. Drei Wochen später konnte sie das Krankenhaus verlassen.

Kein Schwimmen mit offenen Wunden

Hierzulande sind meist Streptokokken Auslöser der Erkrankung, oft sind auch mehrere Erreger gleichzeitig am Werk. Im Süden der USA sind es häufig Bakterien der Gattung Vibrio vulnificus. In Österreich sind schwere Wundinfektionen mit diesen Bakterien aber eine Seltenheit, betont Florian Thalhammer von der Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin der Med-Uni Wien. Genaue Zahlen gebe es nicht, erste Infektionen mit dem Erreger sind aber 2015 in Österreich aufgetreten.

Voraussetzung dafür, dass sich Vibrio vulnificus vermehren kann, sind hohe Temperaturen und kein oder wenig Niederschlag. "Das führt dazu, dass in kleinen Badeseen der Salzgehalt steigt und ein ideales Milieu für die Vermehrung dieser Bakterien ensteht", so Thalhammer. Der Neusiedler See sei beispielsweise ein ideales Habitat.

Eine Infektion ist immer dann möglich, wenn die Haut als Eintrittsbarriere beschädigt ist, etwa weil es Wunden oder Kratzer gibt. Besonders gefährdet sind laut Mohammad Manafi Menschen mit geschwächter Immunabwehr und Durchblutungsstörungen, aber auch Diabetiker. Risikopatienten mit offenen Wunden rät Thalhammer "bei den entsprechenden klimatischen Voraussetzungen", also bei Hitze und warmem Wasser, vom Baden in Naturgewässern daher entschieden ab.

Keine Panik

Von der Krankheit, die die Weichteile des Körpers befällt, wusste schon Hippokrates zu berichten. Im Amerikanischen Bürgerkrieg und an der Front im Ersten Weltkrieg erkrankten viele Soldaten am sogenannten Gasbrand, wenn bei Wunden oder nach Amputationen nicht sauber gearbeitet wurde. Auch das ist eine solche Infektion, die durch das Bakterium Clostridium perfringens verursacht wird.

Auch wenn die Berichte in den Medien immer wieder schockieren: Panik ist nicht angebracht, betonen die Experten. Nur vier von einer Million Menschen erkranken pro Jahr an nekrotisierender Fasziitis. "Und gesunde Menschen sind im Regelfall nicht gefährdet", betont Infektiologe Thalhammer. (Franziska Zoidl, 20.7.2019)