Die künstlerische Arbeit "Der Muse reicht's" von Iris Andraschek im Arkadenhof der Universität Wien thematisiert das Geschlechterverhältnis an den Unis, das auch im Jahr 2019 immer noch unausgewogen ist.

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Es ist zäh. Auch in der Wissenschaft geht es mit der Geschlechterparität nur langsam voran. Nur knapp 25 Prozent Professorinnen gibt es an Österreichs Unis. Mit 34 Prozent Wissenschafterinnen und Technikerinnen zählt Österreich zu den Schlusslichtern in der EU, die einen Durchschnitt von 41 Prozent aufweist. Das ist nicht nur ein Erbe aus der Vergangenheit: Die heurigen Wittgenstein- und Start-Preise von Wissenschaftsministerium und Wissenschaftsfonds FWF nahmen sieben Männer entgegen – und nur eine Frau.

Seit den 1990er-Jahren hat der FWF mit den nach Elise Richter und Hertha Firnberg benannten Förderprogrammen Nachwuchsforscherinnen unterstützt. Seither konnte der Professorinnenanteil um 20 Prozent erhöht werden. Doch mit dieser Form der Förderung könnte es womöglich bald vorbei sein. Vor einigen Monaten gab der FWF den Entwurf für die Änderungspläne bekannt, nach denen das Start-Programm, das Lise-Meitner-Programm und die beiden Frauenförderprogramme in ein gemeinsames zweistufiges Postdoc-Programm zusammengeführt werden sollen. Dieses neue Programm soll einerseits auf das Selbstständig-Fuß-Fassen in der Wissenschaft fokussieren, andererseits für längerfristige Perspektiven in der Forschung sorgen – inklusive "Frauenfördergarantie", wie der FWF betont.

Die Hälfte für Frauen

Demnach soll die Hälfte der Mittel für Frauen reserviert sein, die Bewilligungsquote dürfe jene der Männer nicht unterschreiten. Und: Es soll mehr Mittel für dieses neue Postdoc-Programm geben und somit mehr für Frauenförderung zur Verfügung stehen. Für das neue zweistufige Karriereförderprogramm sind 40 Millionen budgetiert, für das Elise-Richter- und das Hertha-Firnberg-Programm wurden nur zwölf bis 13 Millionen pro Jahr aufgewendet.

Ein Grund für die Änderungsvorschläge sind laut FWF, dass man künftig Forscherinnen und Forscher entlang ihrer gemeinsamen Bedürfnisse in ihrer jeweiligen Karrierestufe zusammenfassen will – statt etwa nach Geschlecht. Man sei sich aber bewusst, dass es spezielle Herausforderung für Frauen gibt, denen man weiterhin mit Netzwerkaktivitäten, Kinderpauschalen und Maßnahmen zur Sichtbarmachtung gerecht werden will.

So weit der Plan, denn fest steht noch nichts. Bis Jahresende läuft ein Konsultationsprozess mit Teilen der wissenschaftlichen Community, mit denen das Vorhaben diskutiert wird – "ergebnisoffen", wie man beim FWF betont. Und Diskussionsbedarf gibt es. "Transferieren", "fusionieren" – davon will Andrea Braidt, Vizerektorin an der Akademie der bildenden Künste Wien, nichts wissen: "Wenn es die Frauenförderprogramme nicht mehr geben wird, dann wurden sie schlicht abgeschafft." Die Evaluierung dieser Programme habe ihnen nur die besten Zeugnisse ausgestellt, sie sind hochqualitativ und hochkompetitiv, so Braidt. Sie befürchtet außerdem: Wenn innerhalb eines Programms nicht mehr Männer als Frauen gefördert werden dürfen, könnten Männer nur deswegen abgelehnt werden, weil zu wenige Frauen eingereicht haben. "Das wäre absurd", so Braidt.

Der besondere "Aufforderungscharakter"

Dass es zu wenige Einreichungen von Frauen geben könnte, glaubt Barbara Zimmerman, Leiterin der Karriereprogramme des FWF, nicht. Die Anzahl der Absolventinnen und Doktorandinnen könne man nicht dahingehend deuten. Man sei sich aber bewusst, dass man Frauen weiterhin gezielt ansprechen muss. Auch Elisabeth Holzleithner, Professorin für Rechtsphilosophie und Legal Gender Studies an der Uni Wien, lobt den "Aufforderungscharakter" von Frauenexzellenzprogrammen; darauf müsse bei einer Reform der FWF-Programme jedenfalls geachtet werden.

Das Netzwerk der Elise-Richter-Preisträgerinnen stört an den Plänen vor allem, dass man damit dem Professorinnenanteil nicht auf die Sprünge helfen würde: Geschlechterparität sei nur möglich, wenn für die Berufung von Professorinnen und Professoren etwa gleich viel Frauen wie Männer zur Verfügung stehen. Mit einer 50:50-Regelung würde man den Frauenanteil der berufbaren Personen jedoch nicht erhöhen und deshalb das aktuelle Ungleichgewicht weiter zementieren.

Einig ist man sich über den Erfolg der Frauenexzellenzprogramme. Warum also etwas verändern? Weil sich auch die Forschungsstätten und die Unis sehr verändert haben, sagt Zimmermann. Der Vorschlag des FWF, ein zweistufiges Programm für alle einzuführen, basiert auf Erfahrungen anderer Förderorganisationen, Expertenmeinungen und einer Evaluierung bestehender Programme, so der FWF. Auch wäre es heute wichtig, Frauen in allen Disziplinen zu fördern.

Ein Disziplinenproblem

Denn in manchen gibt es deutlich mehr Frauen als in anderen – und das könnte auch mit dem Design der bisherigen Programme zu tun haben. Mit dem hochdotierten Start-Preis kann eine ganze Forschungsgruppe aufgebaut werden, die Hertha-Firnberg- und Elise-Richter-Programme fördern hingegen nur die Arbeit der Forscherin plus einen kleinen Sachmittelanteil. Das ist für Forscherinnen aus den Sozial- und Geisteswissenschaften weniger ein Problem als für jene aus den Naturwissenschaften und der Technik. In Bezug auf Gendergerechtigkeit gebe es somit auch ein "Disziplinenproblem", so Zimmermann.

Laut FWF würde eine Zusammenlegung auch ein "einheitliches Renommee" bringen. Dieses Argument lässt Holzleithner nicht gelten: "Angesichts des strengen Auswahlverfahrens kann man bei Frauenförderprogrammen sicher nicht von fehlendem Prestige sprechen." Sowohl bei den Frauenexzellenzprogrammen als auch beim Start-Preis werden sowohl die Inhalte des Projekts als auch die wissenschaftliche Laufbahn der einreichenden Person evaluiert. "Jedoch erhalten Projekte der Frauenprogramme derzeit jeweils nur ein Drittel des Start-Preises", so die Richter-Preisträgerinnen. Ihr Vorschlag: Die Frauenexzellenzprogramme sollten budgetär auf die gleiche Ebene gehoben werden, um Karrieren vergleichbar zu fördern.

Role-Models für Frauen

Doch ob es überhaupt zusätzliche Mittel geben wird, ist auch noch nicht fix. Sollte die Budgetaufstockung für die Karriereförderung von der neuen Regierung nicht abgesegnet werden, wird es die geplanten Änderungen bei den Programmen nicht geben, versichert Zimmermann.

Und noch eine Sorge gibt es. Es würde schmerzen, wenn die Namen Richter und Firnberg verschwinden würden, stimmen die Kritikerinnen der Änderungspläne überein. Herausragende Role-Models sind für Frauen wie für Männer wichtig. Sollte die Karriereförderung ein Programm sein, das einen Namen trägt, dann wird es laut FWF ein Frauenname sein. Zumindest so viel steht fest. (Beate Hausbichler, 21.7.2019)