Es ist die zweite handfeste Überraschung binnen weniger Tage. Zuerst war die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) für das Amt der EU-Kommissionschefin nominiert worden, und jetzt wird klar, wer – entgegen alle Erwartungen – ihre Nachfolgerin wird: CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Zunächst hatten viele eine solche Lösung ja für logisch gehalten. AKK im Kabinett, das bedeutet: Sie bekommt endlich eine größere Bühne. Doch Kramp-Karrenbauer selbst hatte abgewunken und erklärt, sie wolle nicht in die Regierung eintreten, weil sie in der CDU genug zu tun habe. Nun ist alles wieder ganz anders, und man staunt. Natürlich vergrößert sich der Wirkungskreis der CDU-Chefin nun schlagartig.

Sie bekommt ein so genanntes schwergewichtiges Ressort und sitzt nun wieder näher bei Kanzlerin Angela Merkel. Es soll wohl ein Befreiungsschlag sein, schließlich hat die Strahlkraft von Kramp-Karrenbauer seit ihrer Wahl zur CDU-Chefin im Dezember so stark nachgelassen, dass viele schon der Meinung sind, sie könne Merkel nicht, wie geplant, als Kanzlerin nachfolgen. Doch der Wechsel ins Verteidigungsressort birgt für AKK auch einige Risiken. Sie übernimmt einen Berg von Problemen, etwa das finanzielle Desaster beim Schulschiff Gorch Fock. Zudem wird sie über die teuren Verträge mit externen Beratern aufklären müssen. Genug Geld für jene neue Ausrüstung, die man sich bei der Bundeswehr wünscht, ist auch nie da.

Es gilt außerdem die Moral der Truppe wieder zu erhöhen. Die kaut noch heute am Vorwurf von der Leyens, es gebe da – im Zusammenhang mit Rechtsextremismus – ein Haltungsproblem. Und es gibt nun eine Konstellation im Kabinett, die keine leichte sein wird. Merkel ist dort die Chefin von Kramp-Karrenbauer, diese muss sich in die Kabinettsdisziplin einfügen. Eigentlich wollte AKK ja ihren eigenen Weg gehen, die Partei langsam von der Übermutter abnabeln und sich so auf die Kanzlerschaft vorbereiten. Man darf gespannt sein, wie sie das hinbekommen will. (Birgit Baumann, 16.7.2019)