Elon Musk ist ein umtriebiger Mann. Wenn er nicht gerade Space X-Raketenstarts plant, mit Frankreichs Präsident wegen langsamen Autozulassungen telefoniert oder sich auf Twitter mit Kritikern anlegt, dann plant er seinen nächsten Vorstoß in ein zukunftsträchtiges Technologiefeld. Auf einem Event hat er nun erstmals über die Pläne seiner jungen Firma Neuralink gesprochen, die an einem System zur sogenannten Gedankensteuerung arbeitet.

Das Konzept, aus dem einmal der "N1"-Sensor werden soll, sieht die Implantation von einem Chip vor, von dem aus bis zu 96 "Fäden" in das Gehirn führen. Die vier bis sechs Mikrometer dicken Stränge – die deutlich dünner ausfallen als eine menschliches Haar – erfassen mit jeweils 32 Elektroden elektrische Signale.

Die Neuralink-Präsentation. Hinweis: Der Event startet bei 1:30 Stunden.
Neuralink

Computer und Prothesen bedienen

Der Chip soll diese einlesen, bereinigen und verstärken und schließlich an eine hinter dem Ohr getragene Steuereinheit weitergeben. Letzteres funktioniert derzeit nur verkabelt über einen USB-C-Port, das erklärte Ziel ist aber die Entwicklung einer drahtlosen Lösung. Künstliche Intelligenz soll bei der Auswertung und Analyse der Signale helfen. Musk strebt ein "symbiotisches" Verhältnis von Mensch und Maschine an.

Zweck der Hightech-Übung ist es etwa, körperlich eingeschränkten Menschen auf diese Weise die Verwendung von Computern und anderen Geräten, aber auch robotischer Prothesen zu erleichtern. Über einen Empfänger und entsprechende Software können die Signale aus dem Hirn in Steuerkommandos übersetzt werden.

So soll die künftige Neuralink-Implementation aussehen.
Foto Neuralink

Fäden statt Nadeln

Neuralink ist nicht das einzige Unternehmen, das an derlei Technologie arbeitet. Es gibt bereits ein mehrfach eingesetztes System namens Braingate, dem die eigene Lösung aber klar überlegen sein soll. Einerseits soll das Neuralink-Verfahren eine deutlich höhere Menge an Daten übermitteln, was zu genaueren Kommandos und mehr Einsatzmöglichkeiten führen soll. Andererseits nutzt Braingate kleine, starre Nadeln als "Träger" für die Elektroden. Das kann zu Verletzungen führen, da sich Gehirn unter der Schädeldecke bewegt, wohingegen die Stränge am Neuralink-Chip elastisch sind und sich verbiegen können.

Allerdings sind sie dafür auch viel schwerer zu implantieren, weswegen die Firma auch einen eigenen "Robo-Doktor" entwickelt hat. Die Maschine soll bis zu sechs Fäden per Minute sicher implantieren können und dabei auch Blutgefäße umgehen, um entzündliche Reaktionen nach dem Eingriff möglichst zu minimieren. Man hofft, dass künftige Implantierungen als lokaler Eingriff ohne längerem Krankenhausaufenthalt oder Vollnarkose erfolgen können, vergleichbar mit heutigen Lasik-Operationen zur Korrektur von Fehlsichtigkeit.

Der Chip (rechts oben) mit den Elektrodensträngen im Vergleich mit einer Dollarcent-Münze.
Foto Neuralink

Versuche mit Menschen für 2020 geplant

Wer künftig von Neuralink mit einem N1-Chip zum "Cyborg" gemacht wird, soll auf das System mit einer Smartphone-App zugreifen können. Laut Konzeptbildern zeigt diese den Akkustand der Steuereinheit und soll hauptsächlich dazu dienen, die Steuerung von Geräten wie dem Handy selbst, sowie Tastatur und Maus vom Computer zu üben.

Der Empfänger soll künftig hinter dem Ohr getragen werden können.
Foto Neuralink

Bis die Neuralink-Erfindung im Alltag ankommt, wird noch einige Zeit vergehen. Im Moment wird das System noch an Ratten erprobt. Um behördliche Genehmigungen für Versuche mit menschlichen Probanden hat man noch nicht angesucht, hofft aber, erste Tests schon 2020 durchführen zu können. Dass man dennoch schon an die Öffentlichkeit gehe, sei nicht als typische Marketingaktion gedacht, erklärt Musk. Man hoffe, mit der Präsentation das Interesse von hochqualifizierten Forschern wecken zu können, um sie ins eigene Team zu holen. (red, 18.07.2019)