Dominic Thiem mit seinem Coach Nicolas Massu anlässlich der Vorpremiere des Servus-TV-Streifens "Der Thiem-Spirit".

Foto: APA/HANS PUNZ

Familie Thiem geht ins Kino.

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Wien – In einem der Prunkräume der Albertina in Wien, dem spanischen Appartment, gab Dominic Thiem am Tag der Vor-Premiere seiner Dokumentation "Der Thiem-Spirit" im Wiener Filmmuseum einem kleinen Medienkreis Audienz. Der 25-Jährige äußerte sich unter anderem über das epische Wimbledon-Finale und gab einen Ausblick auf den Rest der Saison.

Der Fünfsatzerfolg von Novak Djokovic über Roger Federer nach 4:57 Stunden und mit 13:12 im Schlusssatz hat Thiem vor allem vom Spannungslevel her gefallen. "Ich habe nicht das ganze Match gesehen, ich habe das ganze Halbfinale Federer – Nadal gesehen. Eigentlich hat mir dieses Match vom Niveau her besser gefallen, aber das Finale war unglaublich spannend", erklärte Thiem, der auch den teilweise kritisierten Tiebreak bei 12:12 "eigentlich cool" gefunden hat. "Das Match hat keinen Verlierer verdient gehabt."

"Ich kann nichts mehr dran ändern"

Sein eigener Auftritt hatte ja enttäuschend schon in Runde eins bei schwerer Auslosung gegen den Aufschlagriesen Sam Querrey geendet. "Bis zu dieser Situation im dritten Satz war es echt in Ordnung. Ich habe dann kurz völlig die Konzentration verloren, dann war das Match weg", erinnerte er sich. "Die Auslosung danach war schon gut, Querrey hat die super ausgenutzt. Es war diese eine richtig harte erste Runde und danach wäre es echt eine ganz passable Auslosung gewesen, aber ich kann nichts mehr dran ändern."

Dass ihm Rasenpraxis vor Wimbledon gefehlt hat, wollte er auch mit einigem Abstand nicht gelten lassen. "Nein, ich würde es im nächsten Jahr wieder so machen. Djokovic, Nadal haben auch keine einzige Partie davor gespielt. Rasen ist auch eine große Erfahrungssache wie man es nach Paris angeht." Im Hinblick auf das restliche Jahr, so Thiem, wäre es nicht gescheit gewesen, wenn er ein oder zwei Vorbereitungsturniere eingestreut hätte.

Feilen an der Technik

Zuletzt habe Thiem "an ein paar technischen Sachen arbeiten können". Genauer gesagt, dass er die Rückhand besser im Aufsteigen nehmen will. "Und dass ich überhaupt mehr in den Platz reinsteige, was Nadal perfekt gemacht hat und was der kleine, aber feine Unterschied war in dem Match", erinnerte er noch einmal an das Paris-Endspiel zurück.

Starts in Hamburg, Kitzbühel und New York

Die nächste Turnierphase beginnt am Samstag mit dem Abflug zum ATP-500-Turnier nach Hamburg, danach spielt Thiem sein Heimturnier in Kitzbühel. Zwei Sandturniere, ehe es in den nicht minder anstrengenden Hartplatz-Swing geht. "Ich fühle mich echt gut, ich denke, dass ein paar sehr guten Leistungen nichts im Wege steht bis New York."

Für den Rest der Saison ist er vorsichtig zuversichtlich. "Neu im Herbstturnierplan ist übrigens Peking, seinen Titel in St. Petersburg wird er wegen des gleichzeitigen Laver-Cups in Genf nicht verteidigen. Auch den Davis-Cup in Finnland hat er auf dem Plan. "Ich will unbedingt spielen, das ist klar. Es wird vielleicht ein bisserl darauf ankommen, wie gut ich jetzt spiele, aber generell will ich in Finnland unbedingt dabei sein."

Näher an die großen Drei herangerückt

Die Lücke zu den "Big Three", die nun wieder alle drei das Welttennis auch im Ranking dominieren, hat Thiem etwas verkleinert. "Es hat auch eine Zeit gegeben, als einer völlig unantastbar war", erinnerte Thiem an einen überlegenen Djokovic 2015. "Das ist jetzt auch nicht der Fall, man kann die alle jederzeit schlagen, nur kommt es halt auf die Konstanz an. Um die wirklich großen Turniere zu gewinnen, reicht halt einer nicht, man muss zwei von denen schlagen."

Nicht schlafende Konkurrenz

Überrascht hat auch Thiem, dass selbst der 20-fache Major-Sieger Federer bisher noch bei keinem Grand Slam Djokovic und Nadal geschlagen hat. Ein Ende der Dominanz dieses Trios sieht Thiem nicht zwingend bald kommen. "Bei Nadal weiß man es natürlich nie wie er das Ende vom Jahr spielt, auf Sand sehe ich ihn sicher noch drei, vier, fünf Jahre auf absolutem Spitzenlevel", glaubt der Lichtenwörther. Federer müsse allein schon wegen seines fortgeschrittenen Alters irgendwann ein bisserl abfallen und Djokovic werde noch am längsten dabei sein. Zudem warnt er vor falschen Schlüssen. "Es wird dann auch nicht leichter, weil es richtig starke junge Spieler gibt, die sich ja auch jede Woche weiterentwickeln. Es wäre ein Fehler jetzt zu sagen, wenn die aufhören, dann werde ich sowieso viele Turniere gewinnen."

Regenerationspause mit Fitnessprogramm

Wichtig ist es für Thiem freilich auch, endlich längerfristig gesund zu bleiben. Da helfe ihm die Pause (innerhalb von sechs Wochen nur ein Match). "Da ist die Gefahr sicher geringer, dass ich irgendwas kriege, als wenn ich die ganze Zeit an der absoluten Grenze bin und dann noch fliege und Jetlag habe."

Hinzu kommt, dass er seit der Verpflichtung von Fitnesscoach Duglas Cordero regelmäßig und nicht mehr nur blockweise Fitnesstraining macht. "Ich krieg jeden Tag ein Programm, was ich zu tun habe", erzählt Thiem, der hofft, dass er dadurch einen gewissen körperlichen Standard halten kann.

Seine Ziele für den Rest des Jahres könnte man mit 'einfach konstant gut spielen' übertiteln. "Das Masters sollte sich unter normalen Umständen ausgehen. Auch wenn ich eine schlechte zweite Saisonhälfte spiele. Aber das ist nicht das Primärziel", erläutert Thiem. "Ich habe ab Indian Wells bis auf ein paar Ausrutscher relativ konstant auf hohem Level gespielt, das will ich unbedingt weitermachen."

Offene Rechnung mit Montreal

Unmittelbar nach Kitzbühel, wo er die Jagd nach seinem ersten Heim-Turniertitel wieder aufnimmt, steht das Masters-1000-Turnier in Montreal auf dem Programm. Da will er endlich sein erstes Match gewinnen. "Dort habe ich noch nie eine Partie gewonnen, was ein Wahnsinn ist eigentlich." Und natürlich stehen auch die US Open bei Thiem hoch im Kurs. In New York hatte er im Vorjahr seine bisher wohl beste Partie überhaupt im Viertelfinale im fünften Satz gegen Nadal verloren. "Eines von meinen absoluten Lieblingsturnieren, dort will ich wieder richtig gut performen." (APA, red, 18.7.2019)