Trainer und Sportdirektor in Personalunion: Valérien Ismaël.

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Valérien Ismaël spricht lieber von Union Vöcklamarkt als von der Champions League. "Man muss einen Schritt nach dem anderen setzen, sonst gerät man leicht ins Stolpern", sagt der Franzose zum STANDARD. Schritt eins, also das erste Pflichtspiel der Saison, führt den LASK am Samstag zum Auftakt des ÖFB-Cups ins Hausruckviertel. Das Match im Black Crevice Stadion wird um 19 Uhr angepfiffen. "Die Spieler müssen den Fokus wahren. Man darf nicht an eine Aufgabe denken, die erst in ein paar Wochen ansteht. Wir müssen im Jetzt leben."

Der 43-jährige Ismaël hat den Vizemeister aus Linz im Sommer von Oliver Glasner übernommen. Sein zum VfL Wolfsburg abgewanderter Vorgänger hat ihm eine Elf in bester Verfassung hinterlassen. Dankbare Aufgabe oder schweres Erbe? "Ich bin sehr froh, eine intakte Mannschaft zu übernehmen. Ich habe auch schon andere Situationen erlebt. Wenn alle im Verein schlecht gelaunt sind, wenn die Ergebnisse nicht stimmen, muss man für Aufbruchstimmung sorgen. Das macht die Arbeit deutlich schwieriger."

Großer Spieler

Ismaël war als Spieler eine Größe im internationalen Fußball. Als Verteidiger wurde er mit Werder Bremen (2004) und Bayern München (2006) Deutscher Meister. Als Trainer fehlen ihm noch die ganz großen Erfolge. Sein letztes Engagement beim griechischen Erstligisten Apollon Smyrnis endete abrupt. Er verließ den Verein nach nur einem Spiel, der Präsident hätte ihn bedroht und versucht, auf die Aufstellung Einfluss zu nehmen. Wollen im Fußball etwa zu viele Menschen mitreden? Weiß denn jeder alles besser? Ismael: "Ja."

Beim LASK soll nun alles anders, harmonischer werden. Ismaël gibt Trainer und Sportdirektor in Personalunion. Er darf mit sich selbst reden. "Ich habe auch bei Hannover 96 als Sportkoordinator gearbeitet und sehe die Doppelfunktion als Vorteil." Ein Leistungsträger ging den Linzern am Donnerstag verloren: Der 23-jährige Flügelspieler Maximilian Ullmann wechselte zu Rapid Wien.

Ullmann hin oder her, das Erreichen der Meistergruppe bleibt das Minimalziel der Schwarz-Weißen. "Wir wollen an die vergangene Saison anknüpfen, das ist die Herausforderung. Es ist aber zu früh, um von genauen Platzierungen zu sprechen. Ich denke, dass sich Rapid, Austria und Sturm in dieser Saison ganz anders präsentieren werden."

Von der Entwicklung des österreichischen Fußballs ist Ismaël generell angetan: "Es wurde international wahrgenommen, dass Red Bull Salzburg Vereine wie Borussia Dortmund geschlagen hat. Dass Trainer aus Österreich den Sprung in eine größere Liga schaffen. Das spricht für die professionelle Arbeit. Der LASK ist dafür ein gutes Beispiel. Und wir werden uns trotz des zweiten Platzes nicht zurücklehnen. Man muss sich immer die Frage stellen: Wo können wir besser werden? Was kann man noch besser machen?"

Ismaël ist Experimenten nicht abgeneigt. 2008 synchronisierte er Zinédine Zidane in der deutschen Fassung von Asterix bei den Olympischen Spielen. Ein Zaubertrank wird im Paschinger Waldstadion der Linzer nicht benötigt, der Coach will behutsam an den Schrauben drehen. Veränderungen sollen peu à peu erfolgen: "Wenn man über Jahre hinweg Erfolge feiert, seine Gewohnheiten hat, darf man nicht über Nacht alles ändern."

Großer Traum

Am Montag erfährt der LASK seinen Gegner in der dritten Runde der Qualifikation zur Champions League. Dann lässt sich das Gerede um die Königsklasse ohnehin nicht mehr verhindern. "Dann wollen alle wissen, wie unsere Chancen stehen", sagt Ismaël.

So oder so geht der österreichische Vizemeister als Underdog in die Begegnung. Sollte der LASK ausscheiden und das Playoff zur Champions League verpassen, spielen die Oberösterreicher in der Gruppenphase zur Europa League weiter. Bis zum Dezember ist man also auf jeden Fall im internationalen Geschäft: "Wir gehen ohne Druck in die Qualifikation, wir wollen mit unserer Spielweise für Furore sorgen." (Philip Bauer, 19.7.2019)