Bei der WM in Orlando, Florida, gab es heuer einen historischen Erfolg für Österreich: Bronze im Bewerb "Junior All Girl Advanced".

Foto: @Nutville

Seit 2012 verdreifachte sich die DDC-Mitgliederinnenzahl. Die jüngsten Dragons sind vier Jahre alt, die ältesten Mitte 20.

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Little Dragons, Tiny Dragons, Shining Dragons, Classy Dragons, Fancy Dragons, Unique Dragons, Sassy Dragons, Fierce Dragons. Nicht weniger als acht Units mit 230 Mädchen bringen die Danube Dragons Cheerleader auf die Beine. Die Little Dragons sind vier bis sechs Jahre alt, das Mindestalter der Sassy Dragons und der Fierce Dragons liegt bei 16 Jahren. Diese zwei Truppen treten bei den "Seniors" an, quasi in der allgemeinen Klasse, die große Mehrheit der heimischen Cheerleader aber tummelt sich im Nachwuchsbereich.

Schon im April hat es sich begeben, dass die Unique Dragons bei der Cheerleading-WM in Orlando, Florida, nicht nur hochoffiziell als ÖBV Team Austria Juniors antraten, sondern im Bewerb "Junior All Girl Advanced" sogar Bronze holten. Österreichs erste WM-Medaille blieb daheim fast ohne Echo. Dabei hätten der Erfolg und das Engagement der Athletinnen und Coaches durchaus Beachtung verdient.

Ab in die "Schnitzelgrube"

Im Dusikastadion hat es gefühlte 40 Grad. Dort tummeln sich die Classy Dragons, ein Tumble-Training ist angesagt. Tumble ist eine der großen Cheerleader-Aufgaben, Bodenturnen, wenn man so will. Die "Classys", zehn bis 13 Jahre alt, überschlagen sich förmlich, via Handstand und Rad. Drei der knapp zwanzig Mädchen zeigen schon einen Salto. Dabei hat die Saison erst vor kurzem begonnen. Jedes Jahr nach der WM steigen die Ältesten jeder Unit in die nächste Kategorie auf.

Beim Saltotraining hilft die sogenannte Schnitzelgrube, deren Schaumstoffwürfelfüllung eine weiche Landung garantiert. Zwei junge Turner helfen auch, indem sie Hilfen und Tipps geben. Sie werden wie die anderen Coaches minimal entlohnt.

Beginn eines Booms

Auch Petra Gruber schwitzt im Dusikastadion, dabei sieht sie nur zu und überschlägt sich gar nicht. Gruber ist zu den Cheerleadern nicht wie die Jungfrau zum Kind gekommen, sondern wie halt eine Mutter zu einem Sportverein kommt. Also über eine bei den Dragons schon sprunghafte Tochter. Gruber chauffierte zum Training und vom Training nach Hause. Weil sie schon einmal da war, blieb sie oft dort, bei Wettkämpfen sowieso. Irgendwann wurde sie gefragt, ob sie den Laden nicht gleich auch schupfen wollte. Und jetzt schupft sie.

Seit sieben Jahre steht Gruber an der Spitze des Vereins, damals hatte er 80 Mitglieder, mittlerweile hat er sich quasi verdreifacht. In den Nachwuchsklassen geben die DDC den Ton an, nur bei den "Seniors", in der allgemeinen Klasse, sind sie an den Cheerleadern der Vienna Vikings noch nicht vorbeigekommen.

Vom angestammten Footballverein, den Danube Dragons, der früher in Klosterneuburg daheim war (und Mercenaries hieß), haben sich die Cheerleader vor fünf Jahren quasi amtlich getrennt, das erleichtert einiges, vor allem in der Organisation. Die Cheerleader empfinden sich, auch wenn sie bei Heimspielen der (heuer im AFL-Semifinale gescheiterten) Dragons auftreten, keinesfalls als Aufputz oder Anhängsel, sondern als eigenständig.

Dass Cheerleader den Feminismus verraten würden, hört Gruber gar nicht gerne. "Wir betreiben ernsthaften Sport", sagt sie. Und sie verweist auf die Ursprünge des Cheerleadings, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen. Die ersten Cheerleaderteams setzten sich nämlich ausschließlich aus Männern zusammen.

Ein Schattendasein

Deren, wenn man so will, Nachfolgerinnen, fristen in Österreich sowieso ein Schattendasein. Cheerleading ist hierzulande offiziell, also bei der Bundes-Sportorganisation, nicht als Sportart anerkannt. Dabei gibt es immerhin sieben Landesverbände und 32 Vereine. Im Jahr 2013 hat sich, wenn auch unter dem Dach des Football-Verbands (AFBÖ) der Cheerleading und Cheerdance Verband (ÖCCV) gegründet, er wurde wenig später in den Weltverband ICU (International Cheer Union) aufgenommen. DDC-Präsidentin Gruber gibt die Hoffnung auf eine BSO-Aufnahme nicht auf und lobt Wien, wo das Sportamt (MA 51) hilft – auch bei der Suche nach Trainingsstätten.

Finanziell haben Cheerleader bzw. ihre Eltern noch immer draufgezahlt, Randsportartenschicksal kombiniert mit Elternschicksal, wenn man so will. DDC-Präsidentin Gruber ist bemüht, die Kosten niedrig zu halten. Der Mitgliedsbeitrag macht 300 Euro im Jahr aus, Gruber rechnet vor, dass ein eifriges Mädchen einen Euro pro Trainingsstunde bezahlt. "Das ist sehr günstig."

Sehr viel Einsatz

Bei Trainingslagern und Reisen zu Wettbewerben im Ausland wird von Vereinsseite oft zugeschossen, damit die Kosten für die Aktiven überschaubar bleiben. Sponsoren wie die ÖBV Versicherung oder McDonald's Marschalek helfen dabei, zur WM in Florida gab's eine Einmalförderung durch das Sportministerium.

Die meisten DDC-Units trainieren dreimal pro Woche, einmal Tumble-, zweimal Teamtraining. Einmal in dieser Halle, einmal in jener. Wofür all der Einsatz? Weil bei der nächsten WM, wieder im April und wieder in Orlando, die nächste Medaille winkt. Weil der nächste Salto gelingen soll, weil die nächste Pyramide zu errichten ist. Und weil es um die Anerkennung der Sportart geht. (Fritz Neumann, 19.7.2019)