Im vergangenen Jahr hat Mobilfunker A1 erstmals ein Smartphone unter eigenem Namen veröffentlicht. Das Smart N9, ein Lizenzgerät, das sich auch im Sortiment von Vodafone fand, wusste allerdings selbst für ein Einstiegshandy nicht so recht zu überzeugen. Dennoch, so betont der Anbieter, hat es hohe Nachfrage gefunden.

Nun versucht man es wieder mit einem "eigenen" Smartphone, diesmal unter dem Namen A1 Alpha. Es verspricht ein deutliches Upgrade zum Vorgänger. DER STANDARD hat es einem Kurztest unterzogen – und Erstaunliches gefunden.

"Getarntes" ZTE-Handy

Wer nun denkt, A1 hätte binnen eines Jahres nun eine eigene Smartphone-Entwicklungsabteilung aufgezogen, irrt. Auch das Alpha ist eine Lizenzproduktion. Die Suche nach der Vorlage gestaltet sich angesichts des "importiert durch ZTE"-Labels und den Spezifikationen einfach. Es handelt sich um das ZTE Blade V10 Vita, das im freien Handel aktuell ab rund 150 Euro verkauft wird. A1 legt es ohne Aufzahlung zu seinen Vertragstarifen bei. im Lieferumfang ist auch noch eine Silikonhülle. Das dem Testgerät beigelegte In-Ear-Headset in Earpods-Anmutung hingegen fehlt in der Endkundenversion.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Design, Ergonomie, Display

Ästhetisch liefert das Handy Standardkost. Ein 6,26-Zoll-Display mit kleinem Notch liegt auf einer Frontseite mit drei relativ dünnen Rändern und einem etwas dickeren "Kinn". Die Rückseite besteht aus Kunststoff und erweist sich als ziemlicher Magnet für Fingerabdrücke. Zu finden sind dort auch ein recht gut erreichbarer Fingerabdruckscanner sowie ein Dualcam-Modul. Ergonomisch gibt es etwas Verbesserungsbedarf. Während der mit roter Farbe akzentuierte Ein/Aus-Knopf gut erreichbar ist, liegen die Lautstärketasten etwas zu weit oben. Die Maße belaufen sich auf 157,1 x 75,8 x 8,1 Millimeter bei 150 Gramm Gewicht.

Beim Display handelt es sich um ein IPS-Panel mit 720p-Auflösung (1.520 x 720 Pixel). Den Unterschied bei der Auflösung zu gängigen Full HD-Bildschirmen erkennt man. Die Farbstabilität ist aber hoch. Bei Farben und Kontrasten macht das Display hingegen eine gute Figur für seine Preisklasse. Die maximale Helligkeit fällt unterdurchschnittlich aus, worunter die Ablesbarkeit des Display in hellem Sonnenlicht leidet.

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Spezifikationen

Schon in Anbetracht der Spezifikationsliste wird klar, dass es sich um ein Handy der Budgetklasse handelt. Ein SC9863A-Prozessor des Chipherstellers Unisoc (vormals Spreadtrum) verrichtet mit acht Kernen (vier Cotex-A55 mit 1,6 GHz und vier mit 1,2 GHz) im Verbund mit drei GB RAM seinen Dienst. Dazu gibt es 64 GB Speicher, der per microSD-Karte erweitert werden kann – allerdings nur wenn man den zweiten SIM-Slot dafür opfert.

Das Alpha beherrscht LTE, hat wie erwähnt zwei SIM-Slots, macht aber bei anderen Konnektivitätsoptionen Abstriche. Ebensowenig brandneu die Bluetooth 4.2 ist auch der beste unterstützte WLAN-Standard, hier muss man sich mit Wifi 4 (vulgo 802.11n) zufrieden geben. NFC ist mit dabei. Auch GPS bringt das Handy mit. Während die erste Erfassung des Standortes relativ flott geht, lässt die Genauigkeit der Positionierung zumindest im städtischen Umfeld zu wünschen übrig. Gerne "steht" die Erkennung kurz still oder weicht seitlich deutlich vom Standort ab.

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Erstaunlich, allerdings nicht im positiven Sinne, ist auch die Wahl des USB-Anschlusses. Obwohl USB-C selbst bei Budgetsmartphones mittlerweile oft zu finden ist, kommt das A1 Alpha noch mit einem microUSB-Port daher. Vorinstalliert ist Android 9.0 mit einer weitestgehend unveränderten Oberfläche. Bloatware gibt es kaum, A1 ließ lediglich die "Mein A1"-Service-App sowie Xcite Music vorinstallieren.

Benchmarks und Alltagsperformance

Auch Benchmarks zeigen, dass man es hier nicht mit einem Highend-Telefon zu tun hat. Mit 74.000 Punkten bei Antutu liegt es beispielsweise weit hinter den "Lite"-Modellen aktueller Huawei- und Honor-Geräten. Der 3D-Grafiktest (Sling Shot Extreme) läuft praktisch als Diashow ab. Etwa 750 Punkte sprechen ebenfalls deutliche Worte und disqualifizieren den Chip für aufwändigere Games.

Ältere Titel bzw. Spiele, die weniger komplexe und effektärmere 3D-Grafik bieten, laufen auf brauchbarem Niveau. Pokémon Go etwa ist abseits kleinerer Ruckler ordentlich spielbar. Auf den Augmented-Reality-Modus, bei dem Monster in das Kamerabild platziert werden, muss man jedoch verzichten. Denn das A1 Alpha hat kein Gyroskop. Damit sind auch einige andere VR- und AR-Apps nur eingeschränkt oder gar nicht verwendbar.

Belässt man es bei einfachen Games, Kommunikation und Multimedia, so ist die Performance des A1 Alpha okay. Kleinere Verzögerungen können sich bei heftigem Multitasking oder sehr vielen Browsertabs sowie dem Laden aufwändigerer Websites zeigen.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Kamera

Die rückseitige Kamera kombiniert einen 13-Megapixel-Sensor mit einem 2-Megapixel-Modul für Tiefenerkennung. Auch wenn sie ihre liebe Mühe mit Gegenlicht und größeren Kontrastunterschieden zwischen Himmel und Vordergrund hat, ist die Qualität der Aufnahmen unter guten Tageslichtbedingungen absolut herzeigbar. Mit aktuellen Spitzengeräten von Samsung, Apple oder Huawei kann das umetikettierte Blade V10 Vita zwar klar nicht mithalten, die Detailtiefe fällt für ein billiges Smartphone aber recht hoch aus. Zu wünschen übrig lässt die Randerkennung des Porträtmodus, die sich oft schwer mit der Eingrenzung des Motivs zwecks Erzeugung künstlicher Tiefenunschärfe tut.

Der Eindruck verschlechterter sich aber rasch, wenn es in den Abend bzw. ins Kunstlicht geht. Das Objektiv ist nicht sonderlich lichtstark und der ohnehin etwas schwerfällige Fokus tut sich noch schwerer. Schon unter hellem Kunstlicht fallen Schärfe- und Detailverlust deutlich auf, bei tatsächlichen Nachtfotos erhält man – trotz KI-Unterstützung – nur noch Pixelmatsch.

Die Frontkamera (8 MP) arbeitet mit durchschnittlicher Bildqualität, solange die Lichtverhältnisse gut sind. Die Kamera-App selbst ist eher spartanisch gehalte, bringt aber immerhin einen manuellen Modus mit, in dem sich abseits des Fokuswerts alles einstellen lässt. Einen Modus für Nachtaufnahmen oder hybriden Zoomk gibt es nicht.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Lautsprecher und Sprachqualität

Akustisch gibt der Mono-Lautsprecher des A1 Alpha unterdurchschnittliche Kost her, das aber immerhin in passabler Lautstärke. Hohe Töne klingen deutlich blechern, Bass ist kaum vorhanden. Immerhin, den 3,5mm Klinkenstecker hat man nicht eingespart, auf der Oberseite des Handys kann man "traditionelle" Kopfhörer und Headsets einstecken.

Die Sprachqualität bei Anrufen enttäuscht nicht, begeistert aber auch nicht übermäßig. Die eigene Stimme wird merkbar "abgedämpft" vom Gegenüber wahrgenommen, selbiges gilt auch für die eigene Wahrnehmung des Anrufpartners. Lauterer Hintergrundlärm ist gut zu hören, Gespräche dürften aber auch in lebendigeren Umgebungen noch gut zu führen sein.

Energiespar-Feature mit grobem Fehler

Immerhin, einen klaren Bonus bringen die Performance-Sparsamkeit des Prozessors und die niedrige Auflösung des Bildschirms mit. Sie sorgen dafür, dass der 3.200-mAh-Akku lange durchhält. Selbst bei intensiveren Gebrauch hat das A1 Alpha das Potenzial, zwei Arbeitstage durchzuhalten, ohne aufgeladen werden zu müssen. Das wird aber teilweise durch sehr aggressives Beenden von geöffneten Apps erzwungen

Will man noch mehr Zeit rauskitzeln, bietet das Handy die Option, die Bildschirmauflösung zu reduzieren. Davon sollte man allerdings unter der zum Test aktuellen Firmware (EEA_B09) tunlichst die Finger lassen. Denn die Funktion ist fehlerhaft. Zuerst wird nur die vertikale Auflösung auf 1.280 Pixel geändert, nicht aber horizontale Auflösung oder die übermittelte Pixeldichte, was dazu führt, dass das gesamte Interface plötzlich in ein "Fenster" mit großen schwarzen Balken ober- und unterhalb dargestellt wird. Schaltet man die Funktion wieder aus, wird wiederum die falsche Auflösung über das gesamte Display skaliert. Das hat zur Folge, dass die Darstellung "gestreckt" aussieht und man Bedienelemente am oberen und unteren Rand nur trifft, wenn man darunter oder darüber tippt.

Die Darstellung am Display nach dem Ein- und Ausschalten der niedrigeren Bildschirmauflösung.
Foto: Screenshot

Das Problem blieb auch bei mehreren Neustarts bestehen und konnte erst mit manueller Rücksetzung von Auflösung und Pixeldichte über ADB-Kommandos (Android Debug Bridge) behoben werden. Bis zur Behebung mit einem möglichen Update sollte man auch darauf achten, dass die Auflösungsverringerung auch für den automatisch zuschaltbaren Energiesparmodus nicht aktiviert ist.

A1 hat mittlerweile auf den Testbericht reagiert. Ein Firmware-Update, mit dem dieses Problem behoben wird, soll spätestens in zwei Wochen ausgeliefert werden.

Fazit: Es gibt nur bessere Alternativen

Ja, wer einfach nur digital kommunizieren, Videos schauen, Browsen und gelegentlich (unter Tags) ein paar Schnappschüsse machen will, kann das mit dem A1 Alpha tun. Jedoch stellt sich die Frage, ob man es auch soll, wenn man bei A1 einen Vertrag abschließen will. Denn selbst zu den billigsten Tarifen kann man auch Geräte wie das Huawei Mate 20 Lite, Huawei P30 Lite oder Samsung A40 kostenlos bekommen. Alle drei sind dem ZTE Blade V10 Vita mit A1-Branding – abseits vielleicht der Akkulaufzeit – in allen Belangen überlegen. (Georg Pichler, 21.07.2019)

Update, 22.7., 12:00 Uhr: Das In-Ear-Headset wird für Endkunden nicht beigelegt. A1 hat außerdem angekündigt, das Problem mit der fehlerhaften Energiespar-Einstellung binnen zwei Wochen per Update zu beheben. Beides wurde im Text entsprechend ergänzt.

Testfotos

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