Bei vielen neuen Geräten und Apps scheinen sich die Entwickler wenig mit den Menschen beschäftigt zu haben, die diese im Alltag verwenden. Umgekehrt hat der Rest der Menschheit die Fähigkeit oder die Lust verloren, Neuerungen genau zu prüfen, zu hinterfragen und Anpassungen einzufordern. Das hängt vielleicht auch mit perfekten Hochglanzbildern zusammen, garniert mit suggestiven Slogans. E-Bikes und E-Scooter sind zwei Beispiele.

E-Scooter dürfen bis zu 25 km/h fahren. Das ist seit Jahrzehnten meine gewohnte Fahrgeschwindigkeit auf dem normalen Rad. Da trage ich selbstverständlich einen Helm und achte genau auf die Umgebung – ein Sturz oder Aufprall wäre bei diesem Tempo bereits gefährlich. Für ungeübte Menschen, die ihre Scooter ohne Helm, Ellbogen- und Knieschutz bewegen, sind 25 km/h eindeutig zu schnell. Die meisten User sind vom Rad die halbe Geschwindigkeit gewohnt. Die Wucht beim Auftreffen ist bei 25 km/h bereits vier mal so stark als bei der halben Geschwindigkeit – das entspräche schnellem Laufen.

E-Scooter sollten mit Helm benutzt werden.
Foto: APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ

Die Faszination der Geschwindigkeit

Die Faszination erreicht eine neue Zielgruppe: die Alten. Sie können dank E-Bikes so schnell fahren wie noch nie. Sie erreichen Höhen in den Bergen, die sie ohne Steighilfe nie erklommen hätten. Wer möchte jetzt Spaßbremse sein und darauf aufmerksam machen, dass man die gesamte Höhe auch wieder hinunterfahren muss? Ständiges Bremsen ist anstrengend. Auf Geröll achten ist anstrengend. Langsam wird es dunkel. Abwärts fahren sind die meisten nicht gewohnt. Wie lange ist das schon her, dass man so lange Rad gefahren ist? Eigentlich sollte man eine Pause einlegen. Szenen wie diese erlebt man, wenn man gerne in den Bergen wandert, Ski oder Rad fährt. Mit einem E-Bike ist der Abstieg nur länger, die Anstrengung am Ende erheblich größer.

Kürzlich bin ich einer Gruppe von E-Bikerinnen und E-Bikern begegnet, allerdings in der Ebene. Sie kamen mir bei Anbruch der Dämmerung mit hoher Geschwindigkeit auf dem schmalen, asphaltierten Weg neben dem Donaukanal entgegen. Nie zuvor habe ich so viele verbissene, überanstrengte Gesichter in einer Gruppe gesehen, Männer und Frauen jenseits der 70. Sie waren auf dem Rückweg zu ihrem Schiff an der Donau, und wohl schon hinter ihrem Zeitplan. Sie fuhren wie Getriebene im Schwarm mit zwei bis drei Metern Abstand.

Zwei Empfehlungen

Auf E-Scootern sollten 25 km/h nur mit Fahrradhelm erlaubt sein, die Empfehlung von Knie- und Ellbogenschützer sollte verpflichtend in der Start-Software eingebaut sein – als Warnung und um die Gefahr bewusster zu machen.

Für E-Bikes könnte man eine Broschüre oder einen Folder gestalten, der die notwendigen Kräfte und Gefahren besser einschätzen lässt. Sollten sich Unfälle häufen, sollte der Gesetzgeber zeitnah eine halbtägige Einschulung vorschreiben, wie bei Rollern mit 125-ccm-Motor. (Rudolf Schwarz, 27.7.2019)

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