Schon erstaunlich, wie man mit wenigen Federstrichen ein ganz neues Auto hinbekommen kann. Chefstilist Marc Lichte hat Hand angelegt, und aus dem Langeweiler ist ein Hingucker geworden. Noch immer kein Heuler, noch immer nicht zum Niederknien, aber immerhin.

Das Design des neuen A4 ist kein Heuler, aber immerhin ist aus dem Langweiler ein Hingucker geworden.
Foto: Audi

Das war auch bitter nötig. Denn bedenkt man die Wichtigkeit der Baureihe, immerhin ist jeder fünfte verkaufte Audi ein A4, in den bisherigen 25 Jahren fand er 7,5 Millionen Kunden, dann darf er in der zweiten Halbzeit ruhig einen Zahn zulegen bei Attraktivität und daraus resultierendem Absatz.

Grafik: der Standard

Hauptgrund für die Verweigerung bei der aktuellen Generation: zu fade, zu nahe am Vorgänger. Bei der Präsentation im paradiesisch schönen Südtirol kündeten die Ingolstädter denn auch, das Facelift sei "mehr als ein Upgrade, fast jedes Außenteil wurde verändert", und etliches im Innenraum auch, sei gleich ergänzt.

Drei Varianten

Gut, dann gehen wir also einmal um ihn herum, besser: um sie. Denn mit Limousine, Avant (Kombi) und Allroad (hochgestellter, optisch SUVisierter Kombi) gibt's weiterhin drei Varianten, nimmt man den sportlichen S4 als eigenständig hinzu, vier, wobei in unseren Breiten die Kombis am besten über den Ladentisch flutschen.

Es stellt sich heraus: Seitlich wurde nach gefühlt ewigen Zeiten die "Tornadolinie", ein unter den Fenstern verlaufender Falz, aufgelöst. Der Tornado ist sozusagen nicht mehr auf Linie. An der Front wurde der hexagonale Schildgrill nach vorn, unten und zudem in die Breite gezogen, überhaupt die Frontpartie komplett neu gezeichnet. Auch beim Heck wurde die horizontale Gestaltung deutlicher betont, eine Chromleiste verbindet nunmehr die LED-Leuchten.

Die Tornadolinie gibt es beim A4 nun nicht mehr.
Foto: Audi

Ähnlich viel hat sich auch innen getan, Herzstück der Neugestaltung ist ein frei stehender 10,1-Zoll-Berührungsbildschirm mit weiterentwickeltem MMI-Touch-Bedienkonzept, aber ganz ehrlich? Wir vermissen die genial logische, kaum ablenkende Bedienung mit Dreh-Drück-Knopf jetzt schon.

Jedenfalls. In Summe ergibt sich der Eindruck, dass da ein komplett neuer, auch fescher, attraktiver A4 auf die p. t. Kundschaft losgelassen wird. Gut so, denn die Konkurrenz von BMW (3er) und Mercedes (C-Klasse) hatte die Schwäche des A4 genutzt und war auf und davon gezogen. Auch die neuen Volvo S60/V60 schlugen sich wacker, zudem war mit Jaguar XE und Alfa Romeo Giulia weitere schlagkräftige Gegnerschaft auf den Plan getreten.

Der Innenraum des neuen A4.
Foto: Audi

Terrain zurückerobern will der A4 freilich auch im Antriebskapitel. Um Verbrauch und Emissionen runterzukriegen, setzt Audi auf breiter Front auf 12-Volt-Mildhybridisierung, der S4 bekommt sogar 48 Volt. Der Zusatz TDI beim S4 verrät weiters, dass der Otto in Europa nicht mehr an den Start geht. Nach würdigem Ersatz wurde gesucht und solcher auch gefunden: Ein V6-Hightech-Diesel mit drei Litern Hubraum, der gar nicht nach Nagler klingt, sparsam ist und, was die Klientel nun mal erwartet, mordsmäßig geht – außer von ganz unten heraus.

Mit dreieinhalb Zentimetern mehr Bodenfreiheit als der Kombi (Avant) verspürt der vielseitigste A4, der SUV-mäßig rustikalisierte Allroad quattro, auch auf Schotter, Wald und Wiese wenig Unwohlsein.
Foto: Audi

Dass der Bordmathematicus beim Loslegen eine Gedenksekunde benötigt, um die ganze Abgasnachbehandlungstechnik auf den Einsatz vorzubereiten, ehe er den 347 Pferden die Zügel schießen lässt, darüber hilft auch der 48-Volt-Einsatz, hilft der 48-Volt-Riemen-Starter-Generator nicht hinweg.

Schon zum Start im September gibt es eine breit gefächerte Motorenauswahl mit fünf Selbstzündern und drei Benzinern, nur zwei davon treten ohne 12-, ohne 48-Volt-Netz an, sparsamste Maschine ist mit 3,9 l / 100 km (NEFZ) der 2,0 TDI mit 136 PS.

Erste Einschätzung zum Facelift-A4? Die Richtung stimmt. (Andreas Stockinger, 29.7.2019)